Master-Thesis-Tagebuch II: Studieren mit Familie und Beruf

Inhalt:

Wenn Ihr diese Zeilen lest, bin ich auf dem Weg zum Flughafen. Dienstreise. Die zweite in diesem Jahr, diesmal Ausland. Und während ich diese Zeilen schreibe, sitze ich im Zug, ebenfalls Dienstreise. Zwischendurch sind Kinder krank geworden, hat es geschneit und ich habe die Formalie für die Thesis erledigt.

Wo stehe ich gerade?

Neben dem, dass ich gerade am Bahnhof in Mannheim stehe, stehen auch die Formalia! Yes, ein Schritt in die richtige Richtung.

Das heißt konkret: angemeldet ist die Arbeit, der Zweitprüfer steht fest (danke noch mal auch auf diesem Wege) und es gibt so etwas wie einen groben Plan. Ehrlich gesagt, ich tue mich mit Plänen, langfristigen noch dazu, ziemlich schwer. So habe ich in unterschiedlichsten Situationen festgestellt, dass der Plan ggf. gut ist, die Realität diesem jedoch ein echtes Bein stellt. Und jetzt?

Keinen Plan machen? Nein, das ist auch kein guter Weg, dadurch gibt es kein Ziel. Aber vielleicht ist es wirklich eher das: ich habe eine Vision davon, wie die Arbeit aussehen soll, wenn sie fertig ist. Den Plan, die zu erledigenden Schritte, passe ich dann so an, dass es zur jeweiligen Situation passt. Agile Thesis-Entwicklung, sozusagen… 

Das widerspricht jeglichen Tipps und Vorgaben zur Durchführung von Abschlussarbeiten.

Da geht es um die Ausarbeitung von Exposés, um die Aufstellung von Gliederungen, um die Darlegung der zu verwendenden Literatur. Es geht darum – ähnlich wie in einem Business-Plan – festzuschreiben, was werden wird. Das Ganze soll dann dem verantwortlichen Prüfer vorgelegt werden, der das dann absegnet und sich spätestens bei der Abgabe wundert, dass alles ja ganz anders ist, als damals besprochen oder im Exposé dargelegt.

Je mehr ich darüber nachdenke, umso deutlicher wird mir die Nähe zu Business-Plänen:

Diese werden aufgestellt für die Bank, damit die einem möglichst einen Kredit gewährt. Alles schön und gut, aber die Realität, die Doofe, macht einem einen Strich durch die Rechnung, Kunden kommen nicht oder – viel besser – mehr als erwartet, das Ziel ist das Falsche, das Geschäftsmodell trägt nicht, der Personalaufwand ist viel höher etc. und am Ende – der nach ein paar Jahren – kramt man den alten Plan noch mal hervor und lacht sich kaputt über die vorab getroffenen Annahmen. Kenne das mit dem Plan übrigens schon von meiner Diplom-Arbeit…

Naja, das ist eher ein anderes Thema…

Aber, als vielleicht kleiner „Epe’s Lifehack“: Habt eine Vision und dann los!

Was sind die nächsten Schritte?

Ich wurde gefragt, wann ich denn welches Kapitel schreiben will. Das hängt eng mit dem Plan, den ich nicht, jedenfalls nicht so wie üblich, habe, zusammen:

Dann, wenn Zeit ist.

Ja, das steht als nächstes an: Zu versuchen, die Zeit, die ich habe, zu nutzen, ohne meine Frau, meine Kinder, meine Familie und Freunde und auch ohne meinen Beruf zu arg in Mitleidenschaft zu ziehen. Ja, ganz ohne wird es nicht gehen. Mitleidenschaft hat übrigens zunächst mit Leidenschaft zu tun, dass aber nur am Rande…

So kommen meine Launen, wenn ich an einem Sonntagmorgen zwischen 5.30 Uhr und 07. 30 Uhr etwa zwei Sätze schreibe, ziemlich ungefiltert bei meiner Familie an. Ich versuche, das nicht an meinen Kindern oder meiner Frau auszulassen, natürlich! Aber ganz vermeiden lässt sich das nicht. Es lässt sich auch nicht ganz vermeiden, dass ich abends oft noch Zeit in meinem Keller verbringe (ich habe da ein Arbeitszimmer, welch Luxus), anstatt im Wohnzimmer oder in meinen Laufschuhen.

Also noch mal: Nächster Schritt: Schreiben!

„Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!“

Dazu aber bedarf es Literatur, die es wiederum in Bibliotheken gibt oder im Internet. Freiburg hat jetzt eine Bibliothek, die als eine der modernsten Europas Zugang zu Literatur vor allem über Datenbanken, eben online, ermöglicht (falls ihr mal hier seid: Ein Besuch lohnt sich wirklich!).

Es ist eine Bibliothek, die aus Möglichkeiten zur Zusammenarbeit besteht. Architektonisch fragwürdig (ich find’s ziemlich geil…), aber eben auf Anforderungen ausgelegt, die weggehen von klassischer Bibliothek und neues Lernen, Kollaboration, Teamwork, Projektarbeit etc. fördern (sollen).

Das Problem ist: Wenn man nicht Mitglied der Uni ist, gibt es keinen Zugang. Punkt, aus, Ende! Ich bin kein Mitglied und meine Hochschule hat es leider bislang nicht geschafft, eine Kooperation zu ermöglichen.

Ein – ganz ehrlich – in der heutigen Zeit unhaltbarer Zustand! Ich habe keine Zeit und keine Lust, für jedes Buch in die Stadt zu fahren, meine sowieso schon wenige Zeit zu opfern, dafür, dass ich vielleicht gar nicht sicher bin, ob ich das Buch dann tatsächlich brauche. Vor allem dann nicht, wenn ich weiß, wie Zugänge anders funktionieren.

Ach ja, ich habe das Problem gelöst. Mehr wird dazu jedoch nicht verraten…

Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

Was es bedeutet, mit Familie und Beruf zu studieren?

Der letzte Satz im letzten Absatz gilt auch für das Studium mit Familie und Beruf: Studieren mit Familie und Beruf: Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

Berufsbegleitend studieren ist für mich jedoch ein komischer Begriff, da es – so wie ich es bislang festgestellt habe – nicht begleitend geht. Es geht nur zusammen, nur miteinander. Und zwar mit dem Beruf und mit der Familie. Ja, ebenfalls wie gesagt, hat ein Studium immer Auswirkungen auf die Umgebung und die Menschen, die in direkter Nähe sind. Und dazu gehören an erster Stelle die Familie und dann auch die ArbeitskollegInnen. Kann man drehen und wenden, wie man will, es geht nicht „begleitend“.

Kurz mal zur Theorie: Es gibt ein Schreiben des Akkreditierungsrates, die Handreichung der AG „Studiengänge mit besonderem Profilanspruch“ (Beschluss des Akkreditierungsrates vom 10.12.2010), in dem berufsbegleitendes Studium bzw. Teilzeit-Studium wie folgt beschrieben wird:

Ein Teilzeitstudiengang ist ein curricular verfasstes, durch eine Prüfungsordnung geregeltes und auf einen akademischen Abschluss ausgerichtetes Studienangebot, das nicht in Vollzeit durchgeführt wird, sich aber durch eine konsequente, kontinuierliche Teilnahme an betreuter Lehre und Selbststudium sowie den Nachweis erbrachter Leistungen auszeichnet. Er ist einem äquivalenten Vollzeitstudiengang in Niveau, Art und Umfang gleichwertig.

Das ist doch schon mal was: Es ist gleichwertig! Und es wird von der Hochschule begleitet. Teilnehmen muss ich aber selber, und zwar konsequent. Das ist wiederum ein kleines Problem, da eben Anforderungen nicht nur von Seiten des Studiums, sondern auch von vielfältigen anderen Seiten, Familie und Beruf, an den Studierenden – huch, das bin ja ich – gestellt werden.

Ein halbwegs lebenswertes Leben

Es geht bislang ganz gut, ich habe meine Familie, vor allem meine Frau, mehr oder weniger auf meiner Seite, auch wenn sie ganz klar zurückstecken muss. Ich habe auch meinen Beruf einigermaßen mit meinen Anforderungen zusammen bringen können, auch wenn die geforderte Kontinuität nicht immer gegeben war. So studiere ich bspw. ein Semester länger als von der Regelstudienzeit her vorgegeben, was damit zusammen hängt, dass ich das geforderte Pensum zeitlich in einigen Semestern nicht leisten konnte. Aber ganz ehrlich: was soll’s? Wichtiger ist Motivation, Gesundheit und ein noch halbwegs lebenswertes Leben aller Beteiligten.

Wenn nicht jetzt, wann dann?

Zum Abschluss noch ein paar Worte dazu, was ich anders machen würde, wenn ich noch einmal vor der Entscheidung stehen würde, ein berufsbegleitendes Studium zu absolvieren.

Naja, das ist gar nicht so einfach, da Entscheidungen im Leben immer im Kontext aktueller Bedingungen getroffen werden. Macht es also Sinn, ein Studium zu beginnen, wenn gerade das dritte Kind auf die Welt gekommen ist? Diese Frage muss sich zunächst jeder für sich selbst beantworten. Ich denke aber, dass die Entscheidung für ein Studium neben Beruf und Familie in etwa vergleichbar ist mit der Entscheidung, ein Kind zu bekommen: Es gibt keinen perfekten Zeitpunkt.

Somit für Euch: Wann, wenn nicht jetzt?

Rückblickend würde ich aber grundsätzlich anders vorgehen: So habe ich schon während und dann auch nach meinem Diplom gearbeitet, Gruppenleitung in einer stationären Einrichtung. Dadurch blieb keine Zeit für ein weiteres Studium, außerdem wollte ich Geld verdienen (auch wenn ich schon vorher beinahe auf eigenen Füßen gestanden und mir mein Studium fast komplett selbst finanziert habe).

Das würde ich nicht mehr so machen.

Somit für Euch: Wenn ihr die Möglichkeit habt, arbeitet ein wenig nebenbei und genießt die Möglichkeiten, die die Studienzeit bringt.

Lasst Euch nicht von mehr oder weniger sinnvollen „Creditpoints“ und Regelstudienzeiten verunsichern sondern macht Dinge, startet Projekte, probiert Euch aus, macht Euch vielleicht sogar selbständig und scheitert schnell und häufig. Und lernt daraus…

Allerdings, das ist wiederum meine persönliche Sicht: Ich hätte die Motivation und Strukturiertheit, die Disziplin für ein begleitendes Studium zum damaligen Zeitpunkt wahrscheinlich nicht aufgebracht. Dazu war ich zu verdödelt. Hier hat mir meine Familie die Struktur und den Sinn gegeben, den ich brauchte, um dieses Studium zu Ende zu bringen.

Ach ja, ist ja noch gar nicht zu Ende, da war ja noch was…

Habt es gut…


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