Kategorie: Führung

10 Faustregeln für den erfolgreichen Umgang mit Unsicherheit!

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Ich habe vor einigen Jahren mal den Job gewechselt. Nach neun Jahren. Ich habe damals nicht nur eine neue Aufgabe übernommen, nein, ich habe die „Firma“ gewechselt.

Jetzt könnte man sagen: „Toll, Junge“.

Jobwechsel gibt es ständig, immer wieder. Jede:r hat mal irgendwo angefangen, hat die Stelle gewechselt, ist dafür umgezogen, hat neu angefangen, was auch immer. Nichts Spektakuläres.


Das hier ist die überarbeitete und gekürzte Version eines Beitrags, den ich schon 2017 veröffentlicht hatte. Ich denke aber, die aktuelle Zeit braucht ein paar Ideen, wie es gelingen kann, mit Unsicherheit umzugehen – und vielleicht findest Du ja auch den ein oder anderen hilfreichen Hinweis?


Von Unsicherheitshelden und Arbeit

In meiner neuen Position fühlte ich mich damals – völlig verständlich und normal – ziemlich unsicher. Das war ich jedoch in dieser Form gar nicht mehr gewohnt. Neben Jobwechseln gibt es heute und in Zukunft enorm viele Unsicherheitsfaktoren, denen wir uns zwangsläufig aussetzen müssen. Wenn ich diese Unsicherheitsfaktoren so betrachte, muss ich für meinen Teil sagen, dass ich kein Held der Unsicherheit bin.

Ich erinnere mich hier nur kurz (und dunkel) an den Bruch, den es für mich bedeutete, aus dem Angestelltenverhältnis in die komplette Freiberuflichkeit zu wechseln – kein Netz mehr, kein doppelter Boden, sondern eher „Verführungen am äußeren Rand der Panikzone“.

Kurz: Unsicherheit ist grundsätzlich eine spannende, wenn auch nicht unbedingt schöne Erfahrung. Das kennt wahrscheinlich jede:r…

Gleichzeitig ist aber davon auszugehen, dass diese Unsicherheitsphasen in Zukunft deutlich zunehmen werden. Das bezieht sich nicht nur, aber auch auf den „Job“, bei dem davon auszugehen ist, dass die Zyklen, in denen wir in einem „Job“ bleiben, immer kürzer werden. Hinzu kommt, dass es in einigen, eigentlich in fast allen Branchen – und damit auch im Sozialbereich – vor allem durch Digitalisierung und Fachkräftemangel zu tiefgreifenden Umwälzungen kommen wird.

So reicht bspw. die Frage: Welche Teile Deiner bisherigen Arbeit können von immer intelligenter werdenden Maschinen, können von KI übernommen werden?

Das sind viele. Und es werden vermutlich immer mehr. KI kann schon jetzt – sehr unproblematisch – Anträge ausfüllen und Online-Beratungen durchführen. Wie viele Jobs in der Sozialen Arbeit fallen dadurch weg oder verändern sich zumindest – teilweise radikal?

Ein Blick in das Management der Organisationen zeigt ebenfalls, dass – vor allem vor dem Hintergrund zunehmender Bürokratisierung oder einem um sich greifenden Managerialismus – viele Aufgaben in den Führungsetagen von Computern übernommen werden können. Und selbst wenn es Computer und KI nicht besser können, so können sie es zumindest billiger.

Die VUCA-Welt lässt grüßen – ein Alptraum?

Nein, mindestens zwei Albträume.

Einmal der Alptraum des Managerialismus. Wir müssen wieder dahin kommen, dass „soziale“ Arbeit auch in der Sozialen Arbeit möglich wird. Aber das ist ein – hier zumindest – anderes Thema.

Und dann der Alptraum, dass wir uns häufig nicht mit den Veränderungen und der damit einhergehenden Unsicherheit beschäftigen und wir als Menschheit, als Gesellschaft, in unseren Organisationen und auch als Menschen häufig erst gegen die Wand laufen müssen, bevor wir die Richtung wechseln – „Die Grenzen des Wachstums“ von 1972 zeigen das erschreckend deutlich.

Umgang mit Unsicherheit

Die Unsicherheit über den Verlauf der zukünftigen Entwicklung rund um KI, Fachkräftemangel, Klima, Politik und Co. ist hoch – weil sie von politischen Rahmensetzungen und der Kooperation der Akteure abhängt.

Klar, wir können nicht genau wissen, was kommt.

Aber wir können es gestalten – in unserer Umgebung, in unserem „Circle of Influence“, in unserem Einflussbereich.

Aber wie?

Wie lassen sich unsichere Entwicklungen und damit verbundene komplexe Situationen – ganz allgemein – positiv gestalten?

Ich habe mir – im Zuge meiner eigenen Unsicherheit einmal angeschaut, was die Psychologie zum individuellen Umgang mit Unsicherheiten sagt.​ Dazu habe ich Veröffentlichungen von dem Kasseler Psychologen Ernst Lantermann herangezogen, die ich hier zusammenfassend widergebe:

Typen im Umgang mit Unsicherheit

Zunächst einmal lassen sich verschiedene Typen festmachen, die ich mir nicht selbst ausgedacht habe.

Der:die gläubige Analytiker:in

Das mentale Modell beruht auf Gesetzen und Regeln mit dem Grundsatz:

Wer erfolgreich sein will, muss nur diese Regeln kennen, um dann nüchtern und überlegt die richtigen Schlüsse zu ziehen.

Intuition, Gefühl oder Handeln „aus dem Bauch heraus“ sind dem:der gläubigen Analytiker:in ein Gräuel.

Daraus folgt, dass gläubige Analytiker:innen alles, was nicht analytisch erfassbar ist, einfach nicht zum Gegenstand ihres Weltbildes machen. Easy: Der Glaube an die Berechenbarkeit und Vorhersagbarkeit der Welt macht sie und ihn jedoch extrem anfällig für „Störungen“. Unvorhergesehenen Überraschungen und „Regelabweichungen“ steht er:sie hilflos gegenüber. Es entsteht eine Handlungsstarre.

Statt auf eine Lösung zu drängen, zieht er:sie sich auf das zurück, was er:sie besonders gut kann: Daten sammeln und analysieren, auch wenn der Zug inzwischen längst abgefahren ist.

Menschen mit diesen Weltbildern und Fähigkeiten sind nahezu unschlagbar, wenn es darum geht, relativ einfache, komplizierte, wenig komplexe und überschaubare Anforderungen erfolgreich zu bearbeiten. Werden die Anforderungen jedoch komplex und unüberschaubarer, sind von ihnen kaum lösungsorientierte Vorschläge und Ansätze zu erwarten.

Dann gibt es Überzeugungstäter:innen

Das mentale Modell des:der Überzeugungstäters:in hilft, die Komplexität der Welt durch klare Zielhierarchien, klare Unterscheidungen zwischen „gut“ und „böse“, „richtig“ und „falsch“ erheblich zu reduzieren.

Damit einher geht die Ausblendung möglicher „Kollateralschäden“ des Handelns.

Der:die Überzeugungstäter:in handelt zielstrebig nach bestem Wissen und Gewissen und ganz im Einklang mit den inneren Überzeugungen. Das verleiht ihm ein gefühlt hohes Maß an moralischer Überlegenheit, nicht selten gepaart mit einer scharfen Ablehnung von „Opportunisten“, Menschen ohne unbeugsam klare innere Haltung.

Welches Leitprinzip dabei handlungsleitend ist, ist zunächst unerheblich. Es kann also das Leitprinzip der Rettung der Menschheit sein oder auch das Leitprinzip der Gewinnmaximierung. Kompromisse sind nicht möglich. Damit läuft er:sie mit in die typischen Fallen, die eine komplexe Situation bereithält und wird so zu einem hohen „Sicherheitsrisiko“ gerade für innovative und dynamische Unternehmen, die auf neue Ideen, Wege und Denkweisen angewiesen sind.

Der:die lustbetonte Draufgänger:in

Der:die lustbetonte Draufgänger:in hat grundsätzlich wenig Lust, sich gründlich zu informieren. So interessieren Details weniger, es genügt ein grober Überblick über das Problem. Es geht ihm:ihr darum, etwas auszuprobieren und zu sehen, was dabei herauskommt.

Gerade in komplexen Situationen drängt er:die auf die Umsetzung und auf entschlossenes Handeln.  Er drängt auf Veränderung und will das Problem möglichst rasch gelöst haben. Dadurch werden natürlich neue Probleme geschaffen – jede Problemlösung erzeugt Lösungsprobleme.

Die möglichen Fern- und Nebenwirkungen sind nicht im Fokus des entschlossenen Handelns. Dabei wird das „Weltmodell“ in nicht immer zielführender Weise vereinfacht. Zwar werden schnell Entscheidungen getroffen, aber viele Fallstricke, viele Informationen, viele Einwände werden nicht bedacht.

Der:die Klarheits-Suchende

Klarheitssuchende Menschen suchen klare Verhältnisse und Übersicht. Unsichere Situationen sind Störungen der gewohnten Handlungsroutinen. Am liebsten entwirft er:sie exakte und detaillierte Pläne, um die notwendige Klarheit und Eindeutigkeit der Situation wiederherzustellen.

Die klare Struktur ist für sie:ihn eine zwingende Voraussetzung für erfolgreiches Handeln. In Situationen, die schnelle Entscheidungen auch bei unvollständiger Informationslage erfordern, neigt er:sie dazu, auf bewährte Routinen und Gewohnheiten zurückzugreifen. Die Hoffnung besteht darin, durch erhöhten Einsatz Sicherheit zurückzugewinnen.

Das sind natürlich nicht alle „Typen“ und – wenn ich mich selbst so betrachte – gibt es natürlich auch Mischformen der Typen. Zugleich zeigt die Typologie, welche groben mentalen Modelle unter Unsicherheitsbedingungen existieren können.

Fehler im Umgang mit Unsicherheit

Spannend ist es jetzt, die typischen Fehler im Umgang mit Unsicherheit anzuschauen. Neben der Zentralreduktion als kognitive Strategie,  bei der Probleme und Schwierigkeiten auf eine zentrale Ursache zurückgeführt werden, gibt es hier noch die Verabsolutierung von Zielen oder auch das Handeln nach dem Reparaturdienstprinzip (man löst immer nur die gerade anstehenden Probleme).

Die geschilderten Fehlervarianten lassen sich als Beispiele für Wege und Strategien, die Menschen im Umgang mit komplexen und unsicheren Handlungsanforderungen wählen ansehen, wenn Motive zur Reduzierung von Unsicherheit, zum Schutz des eigenen Kompetenzgefühls und einfache mentale Modelle das Handeln bestimmen.

Gemeinsam ist diesen verschiedenen Handlungsmustern, dass sie zentrale Merkmale komplexer Handlungsräume ignorieren und daher zu wenig erfolgreichen Ergebnissen führen.

Mir geht es aber viel eher um die Frage, wie man denn jetzt mit den Unsicherheiten umgehen lernen kann. Das ist natürlich ganz im Sinne des lustbetonten Draufgängers, der auf die rasche Lösung seines Problems drängt. Das ist mir bewusst.

Gibt es also so etwas wie einfache Regeln, nach denen man in unsicheren Situationen handeln kann? Ja, die gibt es, und auch hier liefert uns der tolle Text von Prof. Lantermann hilfreiche Informationen.

10 Faustregeln für den erfolgreichen Umgang mit Unsicherheit

Leider gibt es keine allgemein anwendbaren, erfolgssicheren Strategien im Umgang mit komplexen Anforderungen und hoher subjektiver Unsicherheit. Dies ist angesichts der Komplexität auch nicht verwunderlich.

Vielmehr muss jede:r für sich die für ihn passenden Wege im Umgang mit unsicheren Situationen finden. Dabei ist neben der spezifischen Aufgabenstellung auch die eigene Persönlichkeitsstruktur – siehe Typen oben – zu berücksichtigen. Der notwendige individuelle Umgang mit Unsicherheit gilt übrigens genauso für Teams oder Organisationen insgesamt, was die „klassische“ Beraterbranche ziemlich unter Druck setzt.

Gleichzeitig gibt es aber eine Reihe von Faustregeln und Verfahren, die es ermöglichen, jeweils genau auf die Situation zugeschnittene gute Herangehensweisen und Strategien für erfolgreiches Handeln unter den Bedingungen von Komplexität und Unvorhersehbarkeit zu entwickeln und anzuwenden.

I. Fehler erkennen

Wer seine Fehler erkennt, kann sie in Zukunft vermeiden. Das heißt aber auch: Wer sie ignoriert, wird immer wieder die gleichen Fehler machen.

II. Phasen der Handlungsbezogenen Selbstreflexion

Immer wieder sollten Phasen der handlungsbezogenen Selbstreflexion eingeschoben werden.

Selbstreflexion bezieht sich wiederum auf den Einzelnen, aber auch auf das Team oder die Organisation als Ganzes. Folgende Fragen können dabei gestellt werden:

  • Wie haben wir uns dabei gefühlt?
  • Was könnten wir beim nächsten Mal anders machen?
  • Inwieweit ist das eingetreten, was wir erwartet haben?
  • Welche Erwartungen haben wir an unsere Handlungen und Entscheidungen geknüpft?
  • Warum haben wir (oder ich) das getan, was wir getan haben?

III. Nicht alles kontrollieren

Der Versuch, alles zu kontrollieren und zu verstehen, wird nach hinten losgehen. Besser ist es, sich auf die wichtigsten Aspekte der Situation zu konzentrieren und die Unsicherheit und Unzulänglichkeit des Wissens zu akzeptieren.

IV. Keine Detailplanung

Detailplanung kann nur schief gehen.

V. Planung auf mittlere Sicht

Mehr ist unter komplexen Bedingungen sowieso nicht möglich.

VI. Plan B 

Was könnte getan werden, wenn das Erwartete nicht eintrifft?

VII. Durchwursteln

Erfolgreicher als langfristige Planungen ist es, Entscheidungen und Handlungen flexibel an die jeweiligen Möglichkeiten anzupassen (Durchwursteln), ohne das „große Ziel“ aus den Augen zu verlieren.

VIII. Keine festgefahrenen Prinzipien

Prinzipien können gerne als Überzeugungen existieren, sollten aber in komplexen Situationen nicht handlungsleitend sein. So macht handlungsbezogene Prinzipientreue kompromissunfähig und führt gerade in der Konfrontation mit komplexen Anforderungen nicht zu guten Handlungsstrategien!

IX. Blick von außen

Es macht Sinn, die Situation aus der Sicht von Menschen zu betrachten, die von außen draufschauen und die ganz anders denken. Dies erhöht zwar zunächst die Komplexität und damit die als größer empfundene Unsicherheit der Situation. In der Folge kommt es aber häufig zu einer zielführenden Reduktion der Unsicherheit.

X. Vertraue! 

Wer anderen vertrauen kann, dem wird auch vertraut. Und Vertrauen ist eine zentrale Ressource für erfolgreiches Handeln unter unsicheren Bedingungen.

Denkstrategien für den Umgang mit Unsicherheit

Abschließend möchte ich noch einige Denkstrategien nennen, die sich im Umgang mit Unsicherheit und komplexen Situationen als hilfreich erwiesen haben (vgl. Lantermann et al., 2009):

  • Immer in Zusammenhängen denken und nie den Gesamtkontext aus den Augen verlieren, in den einzelne Handlungen eingebettet sind.
  • Prognosen und Erwartungshorizonte bilden, bevor konkrete Handlungspläne entworfen werden.
  • Ziele und Pläne flexibel gestalten, mit Leerstellen, die erst in der konkreten Situation gefüllt werden.
  • Zwischen Planen und Handeln problemadäquat wechseln.
  • Temporäre Prioritäten setzen und rechtzeitig Korrekturen einleiten. Nicht an einmal gefassten Vorsätzen festhalten!
  • Flexibel zwischen Detailbetrachtung und Vogelperspektive wechseln.

Umgang mit Unsicherheit und die Soziale Arbeit

Abschließend – nach so vielen Worten – noch ein kurzer Blick auf Unsicherheit und Soziale Arbeit. Unsicherheit ist dort ständiger Begleiter. Hintergrund ist natürlich, dass wir mit Menschen arbeiten.

Kommen die Menschen zum vereinbarten Beratungstermin? Wie geht es den Jugendlichen nach den Weihnachtsferien? Was hat der neue Jugendliche erlebt und wie reagiert er auf mich?

Das und viel mehr sind sehr unsichere Situationen. In der Sozialen Arbeit geht es oft um Beziehungsgestaltung, um die Gestaltung von komplexen Settings und um die Gestaltung von Netzwerken. Unsicherheitsbewältigungskompetenz (tolles Wort) sollte daher – neben Ambiguitätstoleranz – Teil der Ausbildung und des Studiums der Sozialen Arbeit sein.

Darüber hinaus könnte damit auch ein stärkeres unternehmerisches Denken und Handeln in sozialen Organisationen gefördert werden…

Der Blick auf Organisationen der Sozialen Arbeit zeigt auch, dass diese häufig unter prekären Bedingungen agieren. Als Beispiel sei nur das Thema Fachkräftemangel genannt.

Unsicherheitsbewältigungskompetenz ist damit eine Kernkompetenz für das Führungskräfte sozialer Organisationen. Gleichzeitig stellt sich die Frage, ob es auch eine organisationale Unsicherheitsbewältigungskompetenz geben kann?

Hier kommen wir dann zu Themen wie der organisationalen Resilienz oder zum agilen Management von Organisationen der Sozialwirtschaft – Themen, zu denen Du auf dem Blog und auch sonst überall ja einiges finden kannst.

Ich hoffe, ich konnte ein paar Denkanstöße liefern. Hast Du etwas mitnehmen können? Gerne hier einen Kommentar oder mir eine Nachricht hinterlassen…

Zum Weiterlesen:

*Das sind affiliate links. Ich verdiene ein paar cent, wenn ihr die Bücher über die Links bei Amazon kauft.

Das Cynefin Framework: Warum es für Führungskräfte in der Sozialwirtschaft hilfreich ist und wie Du es nutzen kannst

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Führungskräfte in Organisationen der Sozialwirtschaft stehen täglich vor einer Vielzahl von schwierigen, komplexen und oftmals auch paradoxen Entscheidungen – nicht umsonst beschreibt Klaus Grunwald das „Dilemmatamanagement“ als eine der Kernkompetenz für Führungskräfte (vgl. 2022:92ff). Hinzu kommen Fragen, wie eine „funktionale Gestaltung der Organisation“ (oder auch des Teams) gelingen kann: „Bleiben wir klassisch organisiert, formal-hierarchisch, mit verschiedenen Leitungsebenen oder wollen wir zur ‚agilen Organisation‘ werden, mit selbstbestimmt agierenden Teams und einer ‚flachen Hierarchie‘?“ Hinzu kommen spontane Krisen, die zu bewältigen sind (Corona, Hackerangriffe und und und) ebenso wie die Notwendigkeit, zunehmend effizienter zu wirtschaften, ohne die Zwecke der Organisation aus dem Blick zu verlieren. Unter diesen Rahmenbedingungen kann das Cynefin Framework eine wertvolle Unterstützung im Führungsalltag bieten.

Das Framework hilft, unterschiedliche Situationen besser zu verstehen und die richtigen Entscheidungs- und Handlungsstrategien zu entwickeln, um angemessen zu reagieren. In diesem Beitrag erfährst Du, was das Cynefin Framework ist, warum die Nutzung für Führungskräfte in der Sozialwirtschaft hilfreich ist und wie Du es in Deiner eigenen Organisation ganz konkret anwenden kannst.

Was ist das Cynefin Framework?

Das Cynefin Framework wurde im Jahr 2000 von Dave Snowden, einem ehemaligen IBM-Mitarbeiter und Berater, entwickelt und seither kontinuierlich weiterentwickelt. Hier kannst Du einen Beitrag von Snowden zum Framework im Harvard Business Review nachlesen.

Der walisische Begriff „Cynefin“ (ausgesprochen: Kü-NE-fin) lässt sich als „Lebensraum“ übersetzen. Das ist eine Metapher für die Erkenntnis, dass sowohl Individuen als auch Systeme durch ihre jeweilige Entwicklungsgeschichte sowie ihren Kontext geprägt sind.

Das Framework ist ein Modell zur Entscheidungsfindung, das verschiedene Situationen in fünf Domänen einteilt. Zwei der fünf Cynefin-Domänen lassen sich durch Ordnung und lineare Kausalität kennzeichnen (einfach, kompliziert). Den beiden anderen Domänen (komplex, chaotisch) fehlt eine grundlegende Ordnung. Die fünfte Domäne (Disorder) lässt sich am besten mit dem Vorwissen der anderen vier Cynefin-Domänen erklären:

  • Einfach (Clear): Probleme und Themenstellungen, die dieser Domäne zuzurechnen sind, sind leicht zu erkennen und die Lösung folgt bewährten Best Practices. Es gibt nur wenige Informationen und Variablen und diese stehen in einer Ursache-Wirkungs-Beziehung (kausal) zueinander. Das vor Dir liegende Thema, das Problem oder die Aufgabe kannst Du allein durch Beobachtung umfassend beurteilen. Auch gibt es meist viel Erfahrungswissen, was es ermöglicht, eine verlässliche Vorhersage über das notwendige Vorgehen zu treffen. Hier gilt es, Checklisten, Prozesse, feste Regeln und “Best Practices” zu nutzen, um zuverlässig zum Erfolg zu kommen.
    Beispiele für einfache Aufgaben lassen sich auch auf Ebene der Führung in Organisationen der Sozialen Arbeit finden. Hier geht es vornehmlich um die Sicherstellung, dass bewährte Verfahren, Regeln, Vorgaben und Prozesse konsequent angewendet werden. Dazu gehört die Erstellung und regelmäßige Aktualisierung von Checklisten, Formularen und Verfahrensanweisungen, z.B. für administrative Aufgaben.
  • Kompliziert (Knowable, Complicated): Ursachen von und Lösungen für Probleme sind nicht sofort offensichtlich, können aber mit Expert:innenwissen und Analysen identifiziert werden. Komplizierte Systeme, Aufgaben und Probleme zeichnen sich durch eine Vielzahl an Informationen und Variablen aus. Ähnlich wie in einfachen Systemen gibt es auch hier feste Ordnungen und lineare Ursache-Wirkungs-Beziehungen. Allerdings lassen sich die Zusammenhänge nur durch gründliche Analysen verstehen, die Fachwissen und Expertise erfordern. Erst durch diese detaillierte Analyse können fundierte Pläne erstellt werden, die Abhängigkeiten und potenzielle Risiken mit einbeziehen. Um in komplizierten Systemen oder an komplizierten Aufgaben zu arbeiten, ist es daher notwendig, auf Expert:innen für bestimmte Themen zurückzugreifen.
    Als Beispiel für komplizierte Aufgaben im Führungsalltag lässt sich die Ressourcenallokation anführen: Führungskräfte müssen entscheiden, wie finanzielle und personelle Ressourcen effektiv und effizient eingesetzt werden können, um komplizierte, aber lösbare Probleme zu bewältigen, was Erfahrung und Wissen voraussetzt.
  • Komplex: In komplexen Systemen und bei komplexen Aufgaben gibt es eine Vielzahl von Einflussfaktoren, die in wechselseitiger Abhängigkeit stehen. Es kann sowohl zu eskalierenden als auch zu stabilisierenden Rückkopplungen kommen – es gibt keine einfachen Ursache-Wirkungs-Beziehungen. Dies macht es unmöglich, Ergebnisse genau vorherzusagen oder einen festen Plan zur Zielerreichung aufzustellen. Selbst wenn man auf Erfahrungen aus ähnlichen Situationen zurückgreifen kann, ist es nicht möglich, den einen, optimalen Weg zum gewünschten Ergebnis im Voraus zu bestimmen. Die effektivste Vorgehensweise besteht daher darin, durch zeitlich begrenztes Ausprobieren (Experimentieren) Fortschritte zu erzielen, Muster zu erkennen und sein Handeln entsprechend anzupassen. So kann das Problem in kleinere, überschaubare Teilaufgaben zerlegt werden, die dann wieder als komplex, aber lösbar angesehen werden können.
    Exemplarisch geht es hier um die Bereitschaft, neue und experimentelle Ansätze auszuprobieren, Innovationen zuzulassen und neue Wege in Situationen zu gehen, für die es noch keine vorgefertigten Lösungen gibt.
  • Chaotisch: Ein klares Muster ist nicht erkennbar. Vielmehr muss sofort gehandelt werden, um die chaotische Situation zu stabilisieren. Der Zufall regiert. Man hat es mit einer unüberschaubaren Anzahl von Einflussfaktoren zu tun, die sich gegenseitig beeinflussen und extrem schnell verändern. Anders als in komplexen Umwelten bleibt keine Zeit, durch Experimente Muster zu erkennen. Die einzig sinnvolle Strategie ist, Neues auszuprobieren, schnell und entschlossen zu handeln, um das System zu stabilisieren. Ausgehend von ersten lokalen Stabilisierungen wird schrittweise der Übergang vom chaotischen zum komplexen Zustand angestrebt.
    Beispiele für chaotische Situationen und Aufgaben sind Krisen, die sofort angegangen werden müssen. Hier hilft vielleicht die Erinnerung an den Beginn der Corona-Pandemie: Die plötzlich auftretenden Herausforderungen führten zu chaotischen Zuständen, die das Tagesgeschäft lähmten. Hier war sofortiges Handeln gefragt, um die Krise zu bewältigen, Vertrauen wiederherzustellen und operative Stabilität zu schaffen.

Die fünfte Domäne – Verwirrung (Disorder) – tritt auf, wenn unklar ist, welche der anderen Domänen zutrifft. Ziel ist es hier, die Unsicherheit zu klären und Ordnung zu schaffen.

Das Cynefin Framework

Warum ist das Cynefin Framework für Führungskräfte in der Sozialwirtschaft hilfreich?

Das Cynefin Framework ist zum einen hilfreich, um eine grobe Einschätzung vorzunehmen, in welchen Umfeldern sich Deine Organisation bzw. Dein Verantwortungsbereich bewegt. Es macht einen Unterschied, ob Du vornehmlich in einem geordneten Umfeld arbeitest (einfach, kompliziert, vielleicht im Kontext eines Sozialamts oder der Arbeitsagentur oder auch in der Personalverwaltung Deiner Organisation) oder ob die Verhältnisse ungeordnet sind (komplex, chaotisch, bspw. als Gruppenleitung einer Kita oder als Vorstand eines Komplexträgers mit verschiedenen Arbeitsfeldern). Basierend darauf kannst Du passfähig(er)e Vorgehensweisen etablieren, Entscheidungsprozesse definieren, die Zusammenarbeit organisieren oder formale Strukturen Deiner Organisation weiter entwickeln.

Darüber hinaus fällt mir immer wieder auf, dass im Alltag nach dem Hammer (bspw. der „agilen Organisation“) gesucht wird, mit dem alle Probleme der Organisation bearbeitet werden können. Das Problem ist, dass nicht alle Probleme Nägel sind 😉

Mit anderen Worten sind Führungskräfte in hybriden Organisationen der Sozialwirtschaft strategisch ebenso wie im operativen Alltag mit ganz verschiedenen – einfachen, komplizierten, komplexen und chaotischen – Situationen und Aufgaben konfrontiert. Führungs- und Gestaltungsaufgaben, Prozessgestaltung und Kontrolle der Einhaltung, der Umgang mit dem Klientel und den Kostenträgern oder die innovativen Entwicklung neuer Angebote und Dienstleistungen erfordern völlig unterschiedliche Herangehensweisen.

Hier hilft das Cynefin Framework, Aufgaben zu sortieren, Herausforderungen richtig einzuschätzen und dann passfähig reagieren zu können.

Zum anderen kann das Framework im Alltag

  • die Entscheidungsfindung verbessern: Das Framework hilft, Situationen richtig einzuordnen und passende Maßnahmen zu ergreifen, statt auf jedes Problem mit denselben Lösungen zu reagieren.
  • die Anpassungsfähigkeit steigern: In komplexen oder chaotischen Situationen wird über das Cynefin Framework deutlich, dass iterative Ansätze, die es erlauben, schnell auf Veränderungen zu reagieren, passfähiger sind als Pläne und Checklisten.
  • das Krisenmanagement unterstützen: In chaotischen Situationen gilt es, sofort zu handeln, um die Lage zu stabilisieren, bevor Du eine langfristige Strategie entwickelst.

Konkrete Anwendung des Cynefin Frameworks in Organisationen der Sozialwirtschaft

Was hat uns die Katze denn heute wieder vor die Tür gelegt?

Vielleicht akutes Ausfallmanagement, neue gesetzliche Anforderungen, Fachkräftemangel, Unterschriftenliste, irgendwas mit Digitalisierung, eine Workshop zu einer neuen Struktur eines Bereichs, die „agile Transformation“, Nachfolgeplanung und, und, und…?

Immer stellt sich die Frage: „Was nu, was soll ich damit jetzt machen?“

Klar, bei einigen Dingen hat sich bei Dir – Gott sei Dank oder hoffentlich – eine Routine eingeschlichen, aber bei anderen Aufgaben, Themen und Herausforderungen kann es sehr hilfreich sein, einen klare(re)n Fahrplan zu haben, wie damit umgegangen werden kann. Da hilft Cynefin (vielleicht). Deswegen hier noch einmal verdeutlicht, wann, bei welcher Aufgabe, wie vorgegangen werden sollte:

  1. Einfache Domäne = standardisierte Prozesse optimieren:
    In der Sozialwirtschaft gibt es viele Routineprozesse, wie z. B. Verwaltungsabläufe oder die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben. Diese fallen in die einfache Domäne. Das Framework hilft Dir, diese Prozesse zu identifizieren und nach Best Practices zu optimieren, wodurch Effizienz und Zuverlässigkeit steigen.
  2. Komplizierte Domäne = Expert:innenwissen nutzen
    Wenn Du komplizierte Projekte umsetzt, z. B. die Einführung neuer Technologien, fällt dies in die komplizierte Domäne. Hier ist es wichtig, Expert:innenwissen einzubeziehen, um fundierte Entscheidungen zu treffen. Das Framework zeigt auf, wann es notwendig ist, Expert:innen zu Rate zu ziehen, um detaillierte Analysen durchzuführen. Du rufst ja auch keine agile Arbeitsgruppe ein, wenn Dein Auto nicht mehr fährt, sondern gehst zur Werkstatt.
  3. Komplexe Domäne = Experimente machen
    Bei den o.g. Themen und Aufgaben gibt es oft keine klaren Lösungen oder ein eindeutig definiertes Ziel. Und selbst der Weg hin zum Ziel liegt oft im Dunkeln. Hier kannst Du den Übertrag auf die Arbeit mit Klient:innen in schwierigen Lebenssituationen machen: Auch da weißt Du nicht (immer), welche Maßnahmen langfristig erfolgreich sein werden. Das Cynefin Framework zeigt, dass in der komplexen Domäne Experimentieren und Feedbackschleifen entscheidend sind, um den richtigen Weg zu finden. Experimentieren und Feedback erinnert dann wieder stark an den Kern agilen Arbeiten: Ausprobieren, expect and adapt, das passt hier rein.
  4. Chaotische Domäne = schnelles Handeln in Krisensituationen
    In chaotischen Situationen, wie z. B. einer Krisenintervention oder bei einer plötzlichen Notlage, sind schnelle und entschlossene Handlungen notwendig, die dann, im Nachgang, reflektiert werden müssen. Es geht darum, kurzfristige Maßnahmen zu ergreifen, bis die Lage unter Kontrolle ist und langfristige Lösungen – bspw. mithilfe des Vorgehens aus der komplexen Domäne – gefunden werden können.
  5. Verwirrung = Ordnung schaffen
    Dich erschlagen die aktuellen Herausforderungen, Deine Aufgabenliste wird unendlich und der Tag hat nur 24 Stunden (und schlafen kommt noch hinzu)? Bei Situationen, Aufgaben und Themen, bei denen Du nicht sofort weißt, in welcher der oben genannten Domänen Du Dich befindest führen zu Unsicherheit, die hier als Disorder bezeichnet wird. Das Framework hilft, diese Unordnung zunächst anzunehmen und dann zu klären, zu welcher Domäne die jeweilige Situation passt, um so geeignete Maßnahmen zu ergreifen. Hier geht es also ums Innehalten, Reflektieren, Sortieren und Ordnung schaffen, oder: „Wenn du es eilig hast, gehe langsam!“

Praktische Tipps zur Anwendung des Cynefin Frameworks in Deiner Organisation

Um das Denken und Handeln basierend auf den fünf Domänen des Cynefin Frameworks effektiv in Deiner Organisation zu nutzen, kannst Du (unter anderem) folgende Schritte unternehmen:

  1. Schulungen für Mitarbeitende und Führungskräfte: Bringe Deinem Team das Denken in den Domänen des Cynefin Framework nahe. Es hilft Mitarbeitenden und Führungskräften, Situationen, Aufgaben und Herausforderungen richtig zu bewerten und angemessene Entscheidungen zur Bearbeitung der Aufgaben zu treffen. Und vielleicht braucht man dann, wenn man mal nicht weiter weiß, doch keinen Arbeitskreis, sondern einen klaren Prozess.
  2. Reflexion der Arbeit mit dem Framework: In regelmäßigen Teammeetings können Fallbeispiele aus der Praxis besprochen und in die jeweiligen Domänen des Frameworks eingeordnet werden: Wie haben wir Aufgabe XY gelöst und wie hat uns das Framework geholfen?
  3. Organisationsentwicklung: Ich nutze das Framework gerne, um in OE-Prozessen eine grobe Einschätzung vorzunehmen, was für das jeweilige Problem eine passende Herangehensweise ist. Auch dabei ist immer wieder zu unterscheiden zwischen der Optimierung bestehender Prozesse, der Fachberatung und dem Einbringen von Expertenwissen und der gemeinsamen Neuentwicklung von bspw. Strategien, Angeboten, Strukturen. Und manchmal geht’s auch um das Bearbeiten einer akuten Krise.

Das Cynefin Framework als Kompass

Zusammenfassend wird durch das Cynefin Framework (für mich) immer wieder deutlich, dass die wenigsten Organisationen, Situationen und Projekte nur aus einer Perspektive betrachtet werden können. Vielmehr geht es darum, die Vielfalt zu akzeptieren und je nach Situation neu zu entscheiden, was wann wo wie hilfreich sein kann.

Ganz klar: Das Cynefin Framework ist kein Allheilmittel, mit dem sich jede Situation endgültig (er)klären lässt. Es ist auch nicht der Hammer, der aus jedem Problem einen Nagel macht. Denn viele Themen, Probleme und Herausforderungen sind vielschichtig. Sie setzen sich gleichzeitig aus einfachen, komplizierten und komplexen Elementen zusammen. Manchmal bewegen sie sich auch zwischen den verschiedenen Bereichen der Cynefin-Matrix. Dennoch dient Cynefin als nützlicher Kompass, um den Kontext zu erkennen und zu verstehen.

Wenn es allen Beteiligten gelingt, ein gemeinsames Grundverständnis darüber zu entwickeln, ist eine der größten Gefahren bereits gebannt – nämlich die, jedes Problem wie einen Nagel zu betrachten und Deine gewohnten Vorgehensweisen als universelle Lösung zu sehen.

Diese Vorgehensweisen funktionieren nämlich nur in etablierten Umgebungen, mit denen Deine Organisation vertraut ist. Gleichzeitig musst du deine bewährten Routinen nicht völlig aufgeben, sondern sie nur gezielter einsetzen. Und vor allem in komplexen Situationen oder bei der Entwicklung von Neuem (wie auch beim Weglassen, bei der Exnovation) ist eine neue Arbeitskultur gefragt. Diese kann neben bisher etablierten Ritualen bestehen – es geht um ein „Und“ statt um ein „Oder“, was wiederum die Vielfalt verdeutlicht, in der sich Organisationen der Sozialen Arbeit bewegen.

Hier kannst Du eine Vorlage zur Arbeit mit dem Framework herunterladen!

Bin gespannt, auf Deine Erfahrungen, lass dazu doch gerne einen Kommentar auf dem Blog oder auf den verschiedenen Plattformen da, schreib mir dazu oder ! Danke!!!

Quellen:

  • Grunwald, Klaus (2022): Management sozialwirtschaftlicher Organisationen. Eine Einführung. Wiesbaden: Springer.

Die 11 besten Blogs rund um agiles Management, Organisationsentwicklung und Co. – und warum es sich lohnt, sie zu lesen

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Wie lernst Du? Diese Frage tangiert die aus meiner Sicht wichtigste Kompetenz für die Zukunft: Lernen! Lernen heißt in Zukunft vor allem selbstgesteuertes Lernen – Lernen also, das nicht formal vorgegeben, sondern frei gewählt ist. Ich lerne sehr gerne selbstgesteuert, je nach meinen individuellen Bedürfnissen, Interessen und Herausforderungen, die ich bewältigen muss. Dazu nutze ich – neben Büchern und Podcasts – Blogs. Hier will ich Dir die für mich 11 besten Blogs rund um agiles Management, Organisationsentwicklung und Co. vorstellen. Vielleicht ist da ja was für Dich Neues dabei, wenn Du im Sommer ein wenig Zeit hast, die Ferien genießt oder einfach sinnvolle Ablenkung auf Arbeit brauchst 😉

Toms Gedankenblog

Thomas Michl ist ne Maschine! Er haut jeden Montag in seinen Links der Woche kuratierte Beiträge, Blog- und Podcastempfehlungen raus. Dabei beschäftigt er sich mit Produktivität, Lean Management, agilem Arbeiten und übergreifenden Management-Themen. Ich weiß gar nicht, ob es überhaupt einmal vorkam, dass die Links der Woche nicht erschienen sind. Und falls doch, war Thomas wahrscheinlich wirklich krank oder er hat das Internet ausgeschaltet… Ach ja, es lohnt sich übrigens, Thomas auf Twitter zu folgen.

Agile Verwaltung

Wo wir schon bei Thomas Michl sind… Er ist (noch) Vorsitzender des Forums Agile Verwaltung. Und die Macher*innen betreiben ebenfalls einen richtig guten Blog, in dem regelmäßig Beiträge zu unterschiedlichen Themen rund um Agilität erscheinen. Für mich ist es insofern spannend, die Beiträge zu lesen, weil es einige Parallelen zwischen der öffentlichen Verwaltung und den oftmals ähnlichen Strukturen sozialer Organisationen gibt. Und noch dazu ist die öffentliche Verwaltung ja auf Seiten der Kostenträger eng mit der Sozialwirtschaft verbandelt. Was auch in dem häufig als „verstaubt“ angesehen Verwaltungskontext möglich ist, wenn ein paar kreative Köpfe zusammenkommen und neu denken, ist beeindruckend.

Führung erfahren

Der Blog „Führung erfahren“ wird von Dr. Marcus Raitner betrieben. Marcus beschäftigt sich – wie der Name schon sagt – mit allen Themen rund um das große Wort „Führung“. Für mich ist der Blog insbesondere deshalb lesenswert, weil Marcus zum einen aus einem reichhaltigen Erfahrungsschatz schöpft und zum anderen richtig gut schreiben kann. Und falls Du was von Marcus in der Hand halten willst: Er hat das „Manifest für menschliche Führung“ verfasst – ein kleines, aber sehr hilfreiches Buch, das Führung für eine neue Arbeitswelt beleuchtet.

Versus Magazin

Seit einigen Jahren gibt es das „Versus Magazin“ – ein Online-Magazin mit tiefgehenden Texten rund um die Herausforderungen und Lösungen in Unternehmen, Verwaltungen und anderen Organisationen. Das Magazin gehört zu Metaplan, einer systemtheoretisch und organisationssoziologisch orientierten Beratungsagentur. Und das merkt man: Die Aufbereitung der Inhalte ist auf den ersten Blick oft verwirrend, irritierend und anders, manchmal kühl, manchmal theoretisch. Aber die Beiträge eröffnen einen realistischen Blick auf Organisationen, Agilität, New Work und alles, was sich in dem Kontext so bewegt. Das ist erfrischend anders und hilft mir sehr, meine eigenen Beratungsprojekte zu reflektieren und nicht (zu sehr 😉 den Management-Moden zu verfallen.

Komfortzonen

Auf Komfortzonen schreiben Dirk Bathen, Valentin Heyde und Jörg Jelden zu Haltungen, Denkmodellen und Workshop-Tools, die sie in Workshops, der Prozessbegleitung von Unternehmen und Initiativen und Beratungsprojekten nutzen. Ich finde auf dem Blog immer wieder tolle neue Herangehensweisen und Methoden für Fragestellungen, die in meinen Workshops auftauchen. Logo: Jede Methode muss zum Zweck, zur Gruppe, den Rahmenbedingungen… passen. Aber als Inspiration ist der Blog für mich Gold wert. Danke für Eure Arbeit!

kommunikato

kommunikato ist die Seite von Kato aka Karin Gildner. Neben ihrem großartigen Schreibstil, der mich immer wieder begeistert (sie hat nen ziemlich witzigen Newsletter), finde ich bei ihr immer wieder Buchrezensionen und Ideen für meine eigene Freiberuflichkeit. Und außerdem betreibt sie https://erzaehldavon.de/ – eine Website, die Vereine und Ehrenamtliche dabei unterstützt, mehr Sichtbarkeit für ihre sozialen Projekte zu schaffen. Und ja, da finden kleine wie große soziale Organisationen Ideen und Anregungen, wie sie ihre Kommunikation richtig geil (sagt man nicht mehr, oder?) machen.

Intrinsify

In der Liste nicht fehlen darf der Intrinsify Blog. Auch wenn ich immer wieder etwas über die Art der Kommunikation stolpere (so richtig Augenhöhe fühlt sich anders an…) sind die Anregungen von Mark Poppenborg und Lars Vollmer (ich lasse den Dr. und den Prof. mal weg, OK? ;-)) richtig gut, um einen differenzierten Blick auf Arbeit, Organisationen und die Menschen darin zu bekommen. Schaut mal rein, dann könnt ihr euch ja einen eigenen Eindruck verschaffen 😉

Corporate Rebels

Ah ja, neue Arbeit gibt es nicht nur in Deutschland. Für einen Blick über den Tellerrand hinaus empfehle ich die Corporate Rebels. Die beiden aus den Niederlanden stammenden Beteiber des Blogs – Joost Minnaar und Pim de Morree – schreiben schon lange zu den Themen New Work und der Veränderung der Arbeitswelt. Dabei liefern sie immer wieder inspirierende Einblicke in die Funktionsweisen anderer Organisationen in anderen Teilen der Welt. Auch hier wieder: Abkupfern von irgendwelchen Organisationsmodellen auf die eigene Organisation macht keinen Sinn, aber die Inspiration, wie es auch anders gehen kann, ist mehr als hilfreich.

Mampels Welt

Vielleicht gelingt es mir, mit diesem Post den lieben Thomas zu inspirieren, wieder mehr zu schreiben? Das ist ein wenig meine Hoffnung, denn ich habe seine Einträge in seinem Blog aka „Geschäftsführertagebuch“ sehr geliebt. Thomas ist Geschäftsführer des Stadtteilzentrums Berlin-Steglitz und außerdem Geschäftsführer der .garage Berlin – beides sehr inspirierende soziale Organisationen. Und ja, ich bin in meiner Lobhudelei vielleicht etwas befangen: Thomas hat mich vor Jahren dazu angeregt, meinen Blog zu starten. Danke dafür – unglaublich, was daraus geworden ist… Ach, und noch was: Es lohnt sich, auch in die älteren Beiträge reinzulesen.

Sozial-PR

Christian aka sozial-pr.net ist ebenfalls langjähriger Begleiter und Inspirator (sagt man das so?). Christian ist mein, nein, Christian ist DER Ansprechpartner, wenn es um digitale Kommunikation in sozialen Organisationen geht. Er bietet aber nicht nur gute Beratung, sondern immer wieder auch spannende Inhalte auf seinem Blog, in seinem Podcast und (da kann ich noch was lernen) in seinem Videocontent. Aktuell befasst er sich bspw. mit der Frage, ob und wie die Soziale Arbeit eine positive Systemveränderung unterstützen kann. Allein der Beitrag hat mich ziemlich zum Nachdenken gebracht und aller Voraussicht nach werde ich mich damit noch mal tiefer befassen…

Zeitzuteilen

Last but not least darf der Blog von Sabine hier nicht fehlen: Sabine ist aktuell Landesleitung Schleswig-Holstein bei der Caritas im Norden. Sie arbeitet damit nicht nur im, sondern vor allem am System der Sozial- und Gesundheitswirtschaft. Und in ihrem Blog setzt sie sich mit „Sozialer Arbeit im Wandel“ auseinander. Es geht um die übergreifenden Themen rund um soziale Organisationen, die Herausforderungen und Möglichkeiten der Digitalisierung im sozialen Sektor, neue Arten von (Zusammen-) Arbeit und vieles mehr. Dieser übergreifende Blick hilft mir immer wieder, mich zu verorten und meine eigene Arbeit zu reflektieren.

Blogs, Podcasts und Co.: Was inspiriert Dich?

Ich hoffe, bei den 11 besten Blogs rund um agiles Management, Organisationsentwicklung und Co. waren ein paar Anregungen für Dich dabei?

Aber hast Du noch Blogtipps, die es zu lesen lohnt? Oder noch übergreifender gefragt:

Welche Blogs, Beiträge, Podcasts rund um die Themen agiles Management, Organisationsentwicklung, Führung und Co. liest oder hörst Du?

Was und wie lernst Du dabei?

Lass doch gerne nen Kommentar hier oder schreib mir – dann lernen wir alle 😉

Hach, es bleibt spannend… Und jetzt:

Hab nen guten Sommer!

Organisationsanalyse: Wie die Taylorwanne zur Betrachtung sozialer Organisationen genutzt werden kann

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Kennst Du die Taylorwanne? Dahinter verbirgt sich ein Modell von Gerhard Wohland, das den groben historischen Verlauf der Marktdynamik und die jeweils dominierenden Produktionstypen sowie die Anforderungen an Kompetenzen der Menschen darlegt. Ich nutze das Modell gerne zur Erläuterung der Notwendigkeit zur Organisations- und Kompetenzentwicklung, die auch für soziale Organisationen von Bedeutung sind. Hier, in diesem Beitrag, will ich den Aufbau der Taylorwanne nicht erläutern, das kann viel besser bspw. hier kurz und übersichtlich nachgelesen werden. Vielmehr will ich das Tool zur Organisationsanalyse „missbrauchen“. Denn ich glaube, dass es hierzu gute Dienste leisten kann.

Der Anlass dieses Beitrags ist die Anmerkung einer Teilnehmerin in einem meiner letzten Führungskräfteworkshops. Sie bezog die Taylorwanne auf die Arbeit in ihrer Organisation. Konkret: Ihre Aussage war, dass sie das Gefühl hat, dass die Mitarbeiterinnen „in der vorindustriellen Zeit“ hängen geblieben sind. Mit Blick auf die Arbeit mit den Klient_innen war die Aussage:

„Wir arbeiten in einem „Meister-Lehrling-Modell“. Wir betrachten uns als die Meister, die bezogen auf die Klient_innen schon wissen, was richtig ist.“

Dieser für mich neue Blick auf die Taylorwanne hat dann zu einer intensiven Diskussion der Teilnehmer_innen geführt.

Organisationsanalyse – Betrachtungsebene 1: Soziale Arbeit aus der Meister-Lehrling-Perspektive

Die eine Gruppe konnte dieser Aussage sehr gut zustimmen:

Die Sozialarbeiter_innen agieren als Expert_innen für die Bedarfe der Klient_innen. Das ist ein grundlegendes Problem Sozialer Arbeit an der Basis: Die Professionellen agieren häufig als Expert_innen für die Belange ihrer Klient_innen. Die wirklichen, vielleicht von den Bedarfen der Sozialarbeiter_innen abweichenden Bedarfe der Menschen geraten dadurch leicht aus dem Blick bzw. werden bewusst nicht wahrgenommen, da sie für die Professionellen deutlich anstrengender, anders, neu… sind, als den gewohnten Stiefel zu fahren.

Übergreifend gedacht eröffnen sich für mich hier auch spannende Parallelen zu Fragen der Führung: Wo agieren Führungskräfte in einer „Meister-Lehrling“-Perspektive ala „Ich weiß schon sehr genau, was hier, in dieser und jener Situation richtig ist“? Auch die oftmals alles blockierende Aussage „Das haben wir hier schon immer so gemacht!“ fällt in diese Kategorie: Ohne alles Alte schlecht reden zu wollen, werden durch diese Haltung neue Entwicklungen, neue Bedarfe der Mitarbeiter_innen, Teams und der Organisation als Ganzes gar nicht in den Blick genommen. Die Orientierung am echten Bedarf der „Nutzer_innen“ findet nicht statt.

Organisationsanalyse – Betrachtungsebene 2: Soziale Arbeit als Fließbandarbeit

Andere Teilnehmer_innen hatten mit Blick auf die Taylorwanne jedoch eher den Eindruck, dass in ihrer Organisation versucht wird, die Arbeit mit den Klient_innen „tayloristisch“ zu gestalten. Es wird versucht – auch ausgelöst durch externe Anforderungen der Kostenträger – die Einrichtung auf Effizienz – auf eine Fließbandlogik – zu trimmen und in einer zweckrationalen Denkhaltung alle, alles und jedes in transparente, kausale Prozesse zu pressen.

Auch hier lässt sich wiederum ein etwas distanzierterer Blick einnehmen und auf „die Sozialwirtschaft“ als Ganzes schauen:

Es ist der Funktionslogik Sozialer Arbeit inhärent, tagtäglich Komplexität gestalten zu müssen. Organisationen der Sozialen Arbeit befassen sich in der Regel mit der sozialen Wertschöpfung der Ausnahme.

Hingegen sind die Finanzierungsstrukturen auf die Einhaltung von Vorgaben und Regeln und damit auf die Wertschöpfung der Norm bedacht.

Kurz zur Unterscheidung der beiden Begriffe:

Die Wertschöpfung der Norm fokussiert auf Probleme, für die bereits Lösungen erarbeitet wurden. Das Wissen über diese Lösungen kann per Vorgaben oder per Anweisung weitergegeben werden. Es werden „Prozesse oder Regeln eingerichtet, in die das Wissen so eingearbeitet wird, dass es bei dessen Befolgung zur Anwendung kommt. Auf dieser Idee basiert die gesamte tayloristische Organisationsführung“ (vgl. näher hier) und die Denk- und Handlungsweise der Kostenträger.

Die Wertschöpfung der Ausnahme ist hingegen die Lösung von Problemen, für die es noch kein Wissen gibt. In der Sozialen Arbeit ist jede_r Klient_in individuell zu betrachten, es lassen sich kaum Standardprogramme einrichten. Entsprechend braucht es „Ideen und damit Mitarbeiter, die in bestimmten Problemsituationen ein besonders gutes Gefühl für die passenden Ideen entwickeln“ (ebd.).

Zu dem Dilemma der beiden unterschiedlichen Systemlogiken von Sozialen Organisationen und den Kostenträgern habe ich hier bereits einen Beitrag verfasst.

Hinzu kommt noch, dass die für die Bedienung der Anforderungen der Kostenträger notwendigen Prozesse, Regeln und Vorgaben in die Organisationen übertragen werden und dort zu unfassbar umfänglichen Prozessbeschreibungen, QM-Handbüchern und der irrealen Vorstellung der Führungskräfte führen, die Organisation zweckrational steuern zu können.

Historisch lässt sich die Entwicklung hin zu klassisch betriebswirtschaftlichen Prinzipien sowie tayloristischen Denk- und Handlungsweisen und damit zur Ökonomisierung und Managerialisierung der Sozialen Arbeit (vgl. bspw. Michael Meyer/Florentine Maier, 2018, 207) wunderbar nachzeichnen, sprengt hier aber den Rahmen des Beitrags.

Organisationsanalyse – Betrachtungsebene 3: Soziale Arbeit als Co-Creation

Wenn man sich die Taylorwanne in der Ausführung von Bernd Oestereich anschaut, wird auf der dritten Ebene deutlich, dass es in der aktuellen Zeit um Innovation, Experimentieren, um gemeinsames Neugestalten und um die Ko-Kreation neuer Lösungen geht. Die Frage nach dem „Wer“ (im Gegensatz zum „Wie“) und damit die Frage nach den individuellen Fähigkeiten rückt in den Vordergrund.

Übertragen auf die direkte Arbeit mit den Klient_innen in sozialen Einrichtungen eröffnet sich über die Ko-Kreation (näher dazu bspw. in dem Beitrag der Neuen Narrative) eine andere Sichtweise:

(Wo) sind wir in unseren Organisationen soweit, dass Klient_innen zu Co-Creator_innen werden?

In dem oben genannten Workshop, in dem das Thema aufkam, gab es bereits einige Führungskräfte, die ihr Team und ihre Organisation zumindest „auf dem Weg zur kokreativen Arbeit mit den Klient_innen“ beschrieben haben.

Erstmalig begegnet ist mir der Gedanke, dass die Nutzer_innen Sozialer Arbeit die KoKreator_innen ihrer Leistungen sind, bei Otto Scharmer in einem Video zur Theorie U begegnet:

Auf der von ihm beschriebenen vierten Ebene wird die Klientin zur „Co-Creatorin“ und der Sozialarbeiter zur Hebamme.

Hebamme? Klingt gewöhnungsbedürftig, oder?

Aber die Übertragung dieser Denklogik passt für mich ziemlich gut:

Eine Hebamme hilft dabei ein Kind, ein Wunder, etwas Unglaubliches auf die Welt zu bringen. Und im übertragenen Sinne geht es in der Sozialen Arbeit ja auch darum, dabei zu helfen, die in den Klient_innen verborgenen Stärken, die Möglichkeiten, das bislang Verborgene auf die Welt zu bringen. Es geht nicht darum, was die_der Sozialarbeiter_in im Bild des „Meisters“ für die Klient_innen als „Richtig“, als „sinnvoll“ oder „erstrebenswert“ oder gar „gesellschaftlich passend“ ansehen. Es geht – so heißt es in der Definition der Sozialen Arbeit – um die Förderung von Selbstbestimmung und Autonomie der Menschen.

Hebamme ist dazu ein sehr schönes, passendes Bild.

Exkurs: Die Führungskraft als Hebamme zur Ermöglichung von Co-Creation

Photo by Pixabay: https://www.pexels.com/photo/grayscale-photography-of-baby-holding-finger-208189/

Lässt sich das Bild der Hebamme aber auch übertragen auf die Führungsarbeit in Organisationen? Dazu ein kurzer Gedankenexkurs, weg von der Taylorwanne:

Organisationen sollten so gestaltet sein, dass sie ihren Zweck bestmöglich erfüllen können.

Führungskräfte sind aus dieser Perspektive in der Verantwortung, die Strukturen, Rahmenbedingungen, formalen und informellen Regeln und Rituale so zu gestalten, dass wiederum der Zweck bestmöglich erfüllt werden kann. Führungskräfte sind in meinen Augen jedoch nicht dazu da, an den ihnen anvertrauten Mitarbeiter_innen herumzubasteln (und trotzdem können sie gerne Vorbild sein ;-).

Zur bestmöglichen Erfüllung des Zwecks insbesondere sozialer Organisationen sind die Mitarbeiter_innen jedoch unabdingbar. „Der Mensch ist Werkzeug“ in allen Arbeitsfeldern Sozialer Arbeit. Wir haben keinen Hammer, keine Maschinen und keine Roboter, um die immer wieder individuellen Interaktionen mit den Klient_innen zu gestalten.

Entsprechend gilt es für Führungskräfte, Hebamme in Bezug auf die Kompetenzen und Fähigkeiten der Mitarbeiter_innen zu sein, um sie bestmöglich anhand ihrer Fähigkeiten einsetzen zu können.

Und insbesondere dann, wenn es um die zeitgemäße Entwicklung und Gestaltung der Teams oder Organisationen geht, sind Führungskräfte gefragt, als Hebamme das Neue, das Unerwartete, das Zukünftige auf die Welt zu bringen.

Fazit: Die Taylorwanne als Modell zur Organisationsanalyse sozialer Organisationen

Alle beschriebenen Ebenen sind – zumindest aus meiner Perspektive – nachvollziehbar und die Realität in den Organisationen zeigt, dass alle drei Betrachtungsebenen in sozialen Organisationen vorkommen. Teilweise lassen sich die Betrachtungsebenen unmittelbar im Sinne der Organisationsanalyse auf eine Gesamtorganisation beziehen, teilweise finden sich alle drei Ebenen mehr oder weniger ausgeprägt in einer Organisation, teilweise auch in einem Team.

Wenn Du die drei oben beschriebenen Betrachtungsebenen in den Blick nimmst: Wo steht Deine Organisation? Wo steht Dein Team? Und wo stehst Du?

  • Agierst Du und Deine Organisation in einem hochgradig individuellen, ausschließlich auf eine_n Klient_in zugeschnittenen Meister-Lehrling-Setting? Agieren Deine Mitarbeiter_innen als „Expert_innen“ für die Anliegen ihrer Klient_innen?
  • Oder herrscht in Deiner Organisation ein maschinelles, zweckrationales Denken vor? Wird versucht, alles in Prozesse zu pressen? Kommt Dir Deine Organisation wie ein bürokratisches Monster vor?
  • Oder betrachtest Du Dich als Hebamme und versuchst, gemeinsam mit den Dir anvertrauten Menschen – Mitarbeiter_innen wie Klient_innen – deren Potentiale in einem ko-kreativen Prozess auf die Welt zu bringen?

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Ein Modell – und sei es noch so eingängig – kann nie die komplexe Realität abbilden, aber für mich ist es hilfreich, diese drei Ebenen anzuschauen und mit der Realität in der Organisation und dem Team abzugleichen. Vielleicht hilft es Dir auch zur Organisationsanalyse oder für die Arbeit in Deinem Team? Freu mich auf Deine Einschätzung dazu (gerne in den Kommentaren)!

Drei Gründe, warum Objectives and Key Results sinnvoll für soziale Organisationen sind

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Führung mit Zielen oder MbO – Management by Objectives – kennen viele Führungskräfte aus ihrer Führungskräfteausbildung (falls sie eine hatten). Dort haben sie wahrscheinlich davon gehört, dass Anweisung und Kontrolle jetzt nicht so super sind, es aber Sinn macht, den Mitarbeiter* innen Ziele zu geben, die sie dann „eigenverantwortlich“ umsetzen sollen. Eigenverantwortlich heißt in diesem Kontext, dass es sogar egal ist, wie, wann und wo die Ziele umgesetzt werden. Echte Freiheit wird postuliert, endlich können die Mitarbeiter* innen im Sinne des Unternehmens das tun, was sinnvoll ist. Wenn überhaupt einmal im Jahr, in den Mitarbeiter- und Zielvereinbarungsgesprächen, werden die Ziele überprüft, im Extremfall werden Boni ausgeschüttet für „erfolgreiche Zielerreichung“ und dann geht es weiter ins nächste Jahr. Und jede Führungskraft weiß im Inneren genau, dass dieses Theater Quatsch ist:

Ziele werden entweder so verhandelt, dass sie auf jeden Fall erreicht werden oder dass sie schon bei Vereinbarung erreicht wurden. Wenn die Ziele im Laufe des Jahres nicht erreicht werden, wird der*die Mitarbeiter*in für etwas verantwortlich gemacht, das in einem sozialen System immer (!) systemische Gründe hat. In Verbindung mit individuellen Boni wird es übrigens katastrophal, da Mitarbeiter*innen dann ausschließlich für den Boni und nicht mehr für das Team oder die Organisation arbeiten. Und Unvorhergesehenes, wie bspw. eine kleine Pandemie zwischendurch, kann mit den jährlich festgelegten Zielen nicht erfasst werden.

Oder wie hast Du Dir 2020 vorgestellt?

Objectives and Key Results

Zwischen Hoffnung und Schuld: Widersprüche in der Führung sozialer Organisationen

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In den letzten Wochen und Monaten habe ich in verschiedenen Veranstaltungen die Frage behandelt: Wie gelingt Führung sozialer Organisationen? Hinzu kamen aktuell Ergänzungen wie „in der Krise“ oder „digitale Führung“ oder ähnliches. Alle Veranstaltungen waren (aus meiner Sicht zumindest) sehr zufriedenstellend: Wir konnten gemeinsam Führung reflektieren, Herausforderungen für die jeweiligen Organisationen ansprechen und konkrete Stolpersteine und Möglichkeiten eruieren. Und ja: Das geht auch digital (auch wenn der Fokus der Videokonferenzen echt zehrt).

Was ist direkte und indirekte Führung?