Master-Thesis-Tagebuch Teil V: Finale!

Inhalt:

Während ich diese Zeilen schreibe, sitze ich in Amsterdam. Es ist früher morgen, die Kinder schlafen noch, ich habe mir Kaffee gemacht und denke darüber nach, was ist.

Wir haben Urlaub, unser Haus mit einer Amsterdamer Familie getauscht und haben zwei Wochen die Möglichkeit, diese großartige Stadt aus der Nähe zu betrachten.

Vor ein paar Tagen habe mein Studium beendet.

Erfolgreich?

Ja, erfolgreich, wobei immer fraglich ist, was Erfolg ausmacht. Studium allein klingt schon irgendwie lustig, da ich zuvor eine etwas andere Auffassung von Studium hatte: Vollzeit, Anwesenheit, etc.

Ihr kennt das, so wie man halt studiert.

Jetzt habe ich drei Jahre Studium hinter mir, eingezwängt zwischen Kindern, Kaffee und Karriere (bei dem letzten Begriff muss ich selber lachen). Einfacher formuliert, aber weniger aussagekräftig: Ein „berufsbegleitendes“ Studium, wie man das so schön nennt.

Neben dem Beruf gibt es aber eben in meinem Leben noch einen deutlich bedeutsameren Teil: meine Familie.

Was aber ist Erfolg im Kontext eines Studiums, das sich – eben – zwischen den Polen „Familie“, „Arbeit“ und – da war ja noch was – mir selbst, abgespielt hat?

Ganz einfach definieren lässt sich das nicht, aber ich will es trotzdem einmal versuchen, vielleicht auch, um etwas mehr Klarheit für mich selbst zu schaffen.

Geld auf Bäumen, oder: Studium und Familie?

Vergesst es einfach.

Grundlegend ist das alles scheiße. Erfolg ist hier, wenn es vorbei ist. Nicht mehr und nicht weniger.

Vor allem dann, wenn die Kinder noch klein sind und nicht „nur“ emotionale, sondern ganz einfach auch physische Präsenz erfordern. Es macht einen Unterschied, ob die Kinder zehn Jahre alt sind und sich mit ihren Freundinnen treffen oder ob die Kinder gerade frisch auf die Welt gekommen sind und ihr Überleben ganz einfach von der physischen Präsenz der Eltern – naja – vor allem der Mutter abhängt.

Was will ich damit sagen? Damit will ich sagen, dass meine Entscheidung zum Studium einerseits eine egoistische war, exakt zum Zeitpunkt der Geburt von Juul, der gerade kurz vor seinem dritten Geburtstag steht. Neben ihm gibt es ja noch Svea, die gerade von der ersten in die zweite Klasse wechselt und Raja, die erfolgreich (wiederum mit der Frage, was Erfolg ist) die Grundschule absolviert hat.

Vor allem am Anfang, aber auch in den beruflich dichteren Zeiten, in denen ich öfter, teilweise jede Woche, unterwegs war, lag die Last der Kinderbetreuung auf Kerstins Schultern. Komplett. Und ganz ehrlich: Das ist anstrengend und es ist auch nicht ohne Konflikte an uns vorüber gegangen. Ganz klar, wir müssen auch wieder zu uns finden, als Paar, als Eltern, etc.

Das klingt jetzt sehr dramatisch, aber wer drei Kinder hat, der weiß, dass die Tage aus Alltag bestehen. Schon allein in normalen Zeiten als Paar zu finden gelingt nicht jedem. Und dann kommt noch ein Studium hinzu, eigentlich absurd.

Andererseits habe ich das Studium natürlich nicht nur aus rein egoistischen Gründen absolviert. Ich habe natürlich auch im Hinterkopf gehabt, dass ich mich weiterbilden und auch beruflich weiterentwickeln muss, nicht nur für mich, sondern auch für meine Familie.

Der Blick auf die Kids zeigt, dass diese alles andere als günstiger werden. OK, das Rennen im Hamsterrad und der Konsum als oberste Priorität unserer westlichen Gesellschaft ist und kann vor allem mit Blick auf die Zukunft kein sinnvolles Konzept sein. Trotzdem brauchen eben drei Kids (und Kerstin sowie ich selbst auch) ab und an mal eine neue Hose, Unterhose, Socken etc. Das kostet. Und gerade im sozialen oder Bildungsbereich wächst das Geld nicht zwingend auf den Bäumen.

War das Studium also aus Sicht meiner Familie erfolgreich? Ja, es ist rum! Alles andere müssen dann Kerstin und die Kids beantworten.

Es bringt nichts, oder: Das Studium und der Beruf?

Hier sind mit Blick auf den Erfolg natürlich zwei Perspektiven einzunehmen:

Die erste Perspektive bezieht sich auf die aktuelle Anstellung, neben der ich das Studium absolviert habe. Bringt mir das Studium etwas für meinen aktuellen Job? Nein! Ganz klar und eindeutig. Es gibt keine Aufstiegsmöglichkeiten und keine Entwicklungsperspektiven. Umso besser ist es, einen toleranten Arbeitgeber zu haben, der die zusätzliche Belastung mitträgt. An dieser Stelle – auch an die KollegInnen – Danke dafür!

Fraglich bleibt dann natürlich, warum ich ein entsprechendes Studium absolviert habe? Nur aus rein persönlichen Gründen? Dazu unten mehr.

Aber natürlich geht es bei einem Studium auch immer darum, die Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu erhöhen. Daraus muss ich keinen Hehl machen, das ist kein Geheimnis und wer anderes vermutet, ist maximal naiv. Aber – und das einschränkend – ist wiederum der Blick auf die Familie zu richten: Durch meine lustigen Aktivitäten ist es zwangsläufig, dass Kerstin zumindest beruflich zurücksteckt. Das geht eine Zeitlang gut, aber irgendwann ist sie dran. Und dieses irgendwann ist wohl erreicht.

We will see, wie es hier weitergeht.

Hunger? Angst vor Räubern? Einsam? Langweilig? Oder: das Studium und ich?

Der Blick auf die vielfach bemühte Pyramide von einem gewissen Herrn Laslow zeigt, dass die grundlegenden Bedürfnisse (physiologische Grundbedürfnisse, Sicherheit, soziale Kontakte und Anerkennung) als Defizitbedürfnisse bezeichnet werden. Heißt konkret: Wenn diese Bedürfnisse erfüllt sind, ist ein Defizit beseitigt. Hunger? Essen! Angst vor Räubern? Haus! Einsam? Freunde, Familie Frau und Kinder! Langweilig? Arbeiten! Damit sind die Bedürfnisse erfüllt!

An der Spitze oben steht jedoch noch das Bedürfnis nach Selbstverwirklichung. Dieses wird als Wachstumsbedürfnis bezeichnet. Genau: Sobald man beginnt, dieses Bedürfnis zu befriedigen, beginnt es zu wachsen! Es wird nicht weniger, eher mehr. Und ganz ehrlich:

Dazu hat das Studium einen Wesentlichen Beitrag geliefert. Denn nur über das Studium bin ich dazu gekommen, diesen Blog hier zu starten, den ich aktuell als mehr als mein Hobby bezeichne. Ob sich daraus auch beruflich ein Standbein entwickelt, ist noch etwas offen, entwickelt sich aber zunehmend, und in eine positive Richtung.

Meine Mutter spricht immer mal wieder von Gottvertrauen!

Wir als Familie sollen doch endlich mal damit beginnen, zu vertrauen, dass es schon gut werden wird. Ich bin darin schlecht, viel schlechter als Kerstin. Ich bin viel zu ungeduldig und hätte am liebsten heute schon die Weltherrschaft, nein, ok, die nicht, aber irgendwas anderes erreicht. Ach ja, da war ja was, Effectuation als Option, erstmal auf die vorhandenen Ressourcen zu schauen. Und dann Gottvertrauen haben und abwarten! Es wird schon werden.

Studium und die Zukunft der Arbeit in Organisationen der Sozialwirtschaft

Die Frage, inwieweit das Studium und das Thema des Blogs – die Zukunft der Arbeit in Organisationen der Sozialwirtschaft – zusammenhängen, fokussiert auf die darüber liegende Frage, welche Inhalte und Kompetenzen denn ein Studium des Sozialmanagements vermitteln muss, um als Absolventin oder Absolvent in Zukunft Organisationen der Sozialwirtschaft leiten, gestalten und entwickeln zu können. Hierzu wird es wohl noch einige Beiträge geben. Das Thema ist zu spannend, um hier mal eben so abgearbeitet zu werden.

Aber kurz und konkret mit Blick auf das Studium „Sozialmanagement“ der EH Freiburg.

Auf den ersten Blick wirkt das Curriculum etwas „traditionell“ und ja, es sind auch einige „traditionelle“ Inhalte drin. Das liegt wahrscheinlich auch mit an solchen Institutionen wie der Akkreditierung, bei der externe Peers einen Studiengang danach bewerten, ob „drin ist, was drauf steht“. Hier – so kann man sagen – ist eine Befürchtung, dass Qualitätssicherung Innovation ggf. verhindern kann, was aber wiederum ein anderes Thema ist.

Studium ist aber immer das, was die Studierenden daraus machen.

Ab dem Zeitpunkt, wo ich Verantwortung für meine Zeit übernehme, die ich an der Hochschule (oder wo auch immer, übrigens) verbringe, kann ich gestalten. So war es in beinahe jeder Veranstaltung möglich, auch kritisch die aktuelle Situation der Sozialwirtschaft zu diskutieren. Als Highlight sehe ich die Möglichkeit, ein Alumni-Treffen mit dem „Augenhöhe“-Film einzuleiten. Das ist doch schon mal großartig und ein echter Anfang. Und damit von hier aus ein kleines „Danke“ an die Verantwortlichen der Hochschule für die Möglichkeiten, mitzugestalten.

Ein letzter Punkt noch: Innovation in Organisationen der Sozialwirtschaft

Im Rahmen meines Kolloquiums, das am Freitag stattgefunden hat (hier noch mal einen herzlichen Dank an meine beiden Korrektoren für den Aufwand, die Zeit und die Mühen), stellte sich die Frage:

Wohin eigentlich?

Oder anders formuliert: Wie sieht eine Sozialwirtschaftslandschaft aus, die innovationsfähig ist? Wie funktionieren die Organisationen der Sozialwirtschaft, so wie ich es mir vorstelle? Und warum überhaupt?

Hm, das ist eine wirklich spannende Frage, denn Innovation als Selbstzweck kann keine gute Idee sein. Dazu muss ich mir wohl mal vertieft Gedanken machen!

Jetzt aber wieder Urlaub und die Zukunft…

 

 

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