Rezension: Agile Unternehmen – nur was sich bewegt, kann sich verbessern!

Inhalt:

In den letzten Wochen wurde ich immer wieder gefragt, ob ich nicht den Artikel zum Thema „Agiles Management in Organisationen der Sozialwirtschaft“ ausbauen könnte.

Ich gebe zu: der bisherige Artikel lässt sich, von mir aus, als „ersten Einblick“ verstehen, mehr aber nicht.

Es fehlt somit definitiv an einer Vertiefung und der erste Schritt dahin ist, sich schlau zu machen. Danach folgen sicherlich mehr Infos zum agilen Arbeiten!

Ein erster Schritt dieses Schlaumachens ist die Rezension hier:

„Agile Unternehmen – Fokussiert, schnell, flexibel! Nur was sich bewegt, kann sich verbessern!“

Das Buch wurde von Valentin Nowotny geschrieben und ist vor ein paar Monaten, also 2016, im Business Village Verlag erschienen.

Aber der Reihe nach:

Für den Schnelleinstieg:

Das Buch fokussiert auf die Denkweise, dass dauerhaft nur agile Unternehmen erfolgreich sein werden. Gemeint sind damit Unternehmen, die fokussiert, schnell und flexibel neue Geschäftsfelder entdecken und entwickeln und bereit sind, traditionelle Kontexte zu verlassen. Aber was ist Agilität? Welche Voraussetzungen müssen agile Unternehmen mitbringen? Und welche Konsequenzen hat das für Management, Führungskräfte und die Mitarbeiter? Antworten darauf liefert dieses Buch.

Valentin Nowotny legt dar, wie Unternehmen agiles Denken und Handeln nutzen können. Er erklärt die psychologischen Grundprinzipien agiler Methoden und beschreibt die agilen Werte, Prinzipien und Rituale, die passende Unternehmenskultur sowie mögliche Wege einer Transformation unterschiedlicher Bereiche, Abteilungen und Arbeitsgruppen. Das Buch veranschaulicht, wie der Erfolg von agilen Unternehmen für Unternehmen jeder Größenordnung und Branche versteh- und nutzbar wird. Damit ist es aus meiner Perspektive auch für Organisationen der Sozialwirtschaft mehr als interessant.

Gliederung:

Der Dipl.-Psychologe und langjährige Projektmanager Valentin Nowotny beginnt das Buch mit einem Einblick in die Anfänge agilen Denkens und Handelns und schafft damit einen – Achtung, erste Bewertung – für mich guten und nachvollziehbaren Einstieg in die agile Welt.

In einem weiteren Schritt wird dann die agile Welt aus dem Blickwinkel des Psychologen behandelt. Dies ist insofern von Bedeutung, als dass Valentin Nowotny selbst Psychologe ist und daraus auch keinen Hehl macht. Er kommt auch im weiteren Verlauf immer wieder auf die psychologische Sichtweise der beschriebenen Aspekte, Methoden und Tools, um damit deren Hintergrund und Wirkung zu beleuchten. Mir gefällt das sehr gut! Gerade die Professionellen in Organisationen der Sozialwirtschaft suchen immer wieder gerne nach Erklärungen, warum denn jetzt dies und jenes so und so funktionieren soll.

Novotny beschreibt dann die agilen Methoden Scrum, Kanban, Design Thinking, Lean StartUp, agile Games sowie Retrospektiven. Dazu später mehr. Ausgehend von den beschriebenen Methoden geht Nowotny wieder auf eine eher übergreifende Perspektive und erläutert die Phänomene einer VUCA-Welt, in der wir uns befinden oder auf die wir zumindest radikal zusteuern. Auch Aspekte wie die Schwierigkeiten von Führung in selbstorganisierten Teams oder die Besonderheiten der Unternehmenskultur im Zusammenhang mit agilen Organisationen werden beleuchtet.

Abschließend werden noch Handlungsmöglichkeiten, Tipps und Möglichkeiten zum Umbau der eigenen Organisation hin zu einer agilen Organisation sowie die wichtigsten Tipps für einen Einstieg ins agile Arbeiten erläutert.

Bewertung:

Allein die Darlegung der Gliederung macht deutlich, dass Valentin Nowotny das Ziel verfolgt, einen gut verdaubaren Einstieg in die agile Welt zu liefern.

Er versucht, die mit der agilen Arbeitsweise einhergehenden Schwierigkeiten und Herausforderungen, die auch in jedem Kapitel als „Denkfallen“ aus einer psychologischen Sicht dargelegt werden, ebenso zu beleuchten wie die Chancen und Möglichkeiten, die agiles Arbeiten bietet.

Schwächen?

Aber ich wollte ja zu Beginn die Schwächen aufzeigen, damit das Positive am Ende steht. Also: Gibt es auch Schwächen im Buch?

Ja, vielleicht eine kleine: In meinen Augen wäre beim Kapitel zur „Unternehmenskultur“ weniger mehr gewesen.

Die von Nowotny richtigerweise schon das Kapitel einführend angemerkte Komplexität des Themas „Unternehmenskultur“ kann aus meiner Sicht entweder nur richtig, und dann tiefgehend und umfassend bearbeitet werden, oder eben besser gar nicht. Hier das „Laloux-Modell der Unternehmenskulturen“ eng zu vermischen mit dem Konzept der lernenden Organisation und gleichzeitig spicken mit Methoden wie der kollegialen Fallberatung, das kann auch überfordern, das es Punkte sind, die schon für sich genommen Bücher füllen.

Tiefe und breite Übersicht!

Aber, wie gesagt, als Einstieg in die agile Thematik und als Überblick über die enormen Vorteile und Chancen, die agiles Arbeiten bringen können, eignet sich das Buch hervorragend. Auch wenn bei dieser Art „Übersichtsliteratur“ die Gefahr besteht, alles irgendwie, aber nichts richtig darzulegen, muss ich sagen, dass der oft schwierige Spagat zwischen Tiefe und Breite der Inhalte eindeutig gelungen ist:

Für Neueinsteiger in die agile Thematik werden versteh- und gut lesbar die Grundlagen einer agilen Denk- und Arbeitsweise gelegt und immer wieder mit hilfreichen Beispielen und Geschichten hinterlegt. Und für die Profis agilen Arbeitens liefert Nowotny mit Sicherheit an vielen Stellen neuen Input, um die eigene Arbeit zu überdenken.

Besonders gut gefallen hat mir in dem Zusammenhang immer wieder die Möglichkeit, am Ende jedes Kapitels weiterführende Links und Literaturempfehlungen zu bekommen, die eine vertiefte Auseinandersetzung mit den beschriebenen Inhalten ermöglicht.

Die psychologische Brille, die der Autor mit sich herumträgt, muss einem liegen, ganz klar. In meinen Augen verdeutlicht aber gerade diese Sichtweise die notwendigen Schritte hin zu einer agilen Denk- und Arbeitsweise, da nicht nur irgendwelche Techniken und Methoden beschrieben werden, sondern die Auswirkungen auf die Teams und damit konkret auf die einzelnen Menschen in den Teams klar ersichtlich werden. Das ist enorm viel wert, da Veränderungen vornehmlich daran scheitern, dass die betroffenen Menschen den Sinn von Veränderung oder von einer neuen Herangehensweise nicht unmittelbar nachvollziehen können.

Hilfreich in dem Zusammenhang sind die gut lesbaren „Psychofallen“, die Nowotny am Ende jedes Kapitels darlegt. Diese helfen dabei, agiles Arbeiten nicht einfach als „Wir machen jetzt mal etwas Anderes, und ich als Chef weiß schon wie das geht!“ zu sehen. Die Psychofallen zeigen vielmehr auf, dass agiles Arbeiten bei den Werten und Prinzipien und damit, wie so oft in der Welt des „New Work“, bei dem Menschenbild und damit sehr tief in den einzelnen Menschen ansetzt.

Agiles Management und Organisationen der Sozialwirtschaft?

Gerade dieses veränderte, auf Selbstorganisation setzende, auf agilen Werten und Prinzipien basierende Menschenbild ist in meinen Augen der Aspekt, der agiles Arbeiten auch und gerade für Organisationen der Sozialwirtschaft so attraktiv machen kann.

Werte wie „Einfachheit“, „Kommunikation“, „Offenheit“ oder „Respekt“ lassen sich auch und unproblematisch auf die Arbeit in sozialen Organisationen übertragen, nein, sollten in diesen „eigentlich“ gelebt werden.

Hinter diesen Werten liegende Prinzipien wie der „gegenseitige Nutzen“ oder das „bevollmächtigte Team“ sind Prinzipien, die in Organisationen der Sozialwirtschaft ebenso nutzbringend sein können, wie in anderen Branchen.

Wichtig ist es jedoch, die Möglichkeiten radikal auf das jeweils eigene Arbeitsfeld herunter zu brechen: „Daily Stand-ups“ machen in einer stationären Wohngruppe keinen Sinn, da immer nur ein Mitarbeiter vor Ort ist, aber in Kindergärten?

Oder die Anwendung von Methoden wie bspw. Kanban: Kann es gelingen, mit dem Klienten zusammen die anstehenden Ziele und Aufgaben zu definieren und diese dann in ein Kanban-Board zu übertragen? Ist es damit möglich, die Fortschritte für die Professionellen wie auch für die Klienten endlich einmal transparent vor Augen zu haben? Das kann sehr spannend sein.

Und Design-Thinking als Methode für die Entwicklung wirklich klientenzentrierter Projekte und Maßnahmen einzusetzen, löst mit Sicherheit eine andere Dynamik aus, als irgendwelche vorgegebene Ziele umzusetzen in dem Wissen, dass die eigentlich Zielgruppe damit oftmals überhaupt nichts anfangen kann. Dazu habe ich vor einiger Zeit schon mal einen Beitrag verfasst.

Ich plädiere grundsätzlich dazu, die Übernahme von Methoden und Tools aus anderen Disziplinen und die unhinterfragte Übernahme auf den eigenen Arbeitsbereich sehr, sehr kritisch zu betrachten. Schlagworte wie die „BWLisierung“ oder die oftmals leidige Thematik des Qualitätsmanagements in Organisationen der Sozialwirtschaft sprechen hier Bände.

Es macht aber Sinn, sich der eigenen Stärken sozialer Arbeit bewusst zu werden und darauf basierend Tools und Methoden zu hinterfragen. Dann kommt man dazu, dass agiles Arbeiten in Organisationen der Sozialwirtschaft eigentlich normal ist, äh, nein, eigentlich normal sein sollte!

Agilität als Lebendigkeit, was ist sonst wichtig?

Oftmals wird diese Lebendigkeit, die Fähigkeit zur Selbstorganisation, jedoch gerade in Organisationen der Sozialwirtschaft künstlich blockiert: Hierarchien, Dienstwege, fehlende Absprachen, Unsicherheit, gesetzliche Vorgaben, Einbindung von Kostenträgern, unsichere Finanzierung, unsinnige Projekte etc. behindern das schnelle, professionelle, bewegliche, lebendige Vorgehen, dass in der Arbeit mit Menschen notwendig ist.

Vielleicht kann das Buch von Valentin Nowotny für Sie ein erster Anreiz sein, dahin zu kommen, über diese Blockaden nachzudenken und erste Schritte hin zu einer lebendigen, zukunftsfähigen sozialen Organisation zu gehen?

Ich werde sicherlich nicht das letzte Mal hineingeschaut haben.

Ach ja, und hier können Sie das Buch kaufen! 

 

 

 

 

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