Schlagwort: soziale Organisationen

Dominierende Informalität, oder: Warum sich soziale Organisationen so schwer entwickeln lassen

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Die diesen Beitrag leitende These lautet: Da in sozialen Organisationen die Informalität dominiert, sind soziale Organisationen veränderungsresistent. Um die These zu begründen wird im Folgenden Informalität definiert und daran anschließend begründet, warum in sozialen Organisationen Informalität dominiert.

Der Beitrag ist sicherlich nicht abschließend und perfekt durchdacht, sondern die erste Verschriftlichung eines Gedankens, den ich schon lange mit mir herumtrage. Und wenn jemand Ideen und (Literatur-)hinweise hat, die diesen Gedanken stützen, bitte her damit (bspw. in die Kommentare oder per Mail).

Informalität in Organisationen – was ist das eigentlich?

Jede Organisation lässt sich – wenn man den Ausführungen von Kühl und Muster (2015, 17ff) folgt – anhand der Schauseite, der informalen und der formalen Seite beschreiben.

Die Schauseite meint die auch von außen sichtbaren Fassaden, die die Organisation öffentlich sichtbar darstellen will. Das sind zum Beispiel der Internetauftritt, die Veröffentlichung von Jahresberichten, von im Netz zugänglichen Leitbildern, aber auch die von außen sichtbaren Gebäude und öffentlich zugänglichen Bereiche einer Organisation. Da ich diese Zeilen gerade in einem Hotel schreibe: Der Blick in das oftmals kaum einsehbare Büro hinter den Hotelrezeptionen dieser Welt (fast jedes Hotel hat hinter der Rezeption ein Büro) zeigt, dass der erste Eindruck, den die Rezeptionen (Schauseite) vermitteln sollen, nicht mit den organisationalen Realitäten der Hotels übereinstimmen. Und vielleicht zeigt sich gerade in Hotels, dass die „Fassaden (…) eine Schutzfunktion [haben]: Sie dienen dazu, den Außenstehenden den Einblick zu verwehren, um in Ruhe Entscheidungen vorbereiten zu können, mögliche Konflikte vor der Außenwelt zu verbergen oder Fehler und Peinlichkeiten zu verheimlichen“ (ebd.). Für den Beitrag hier ist die Schauseite irrelevant, obwohl sie auch in sozialen Organisationen eine große Bedeutung hat.

Die formale Seite der Organisation oder kürzer: die Formalstruktur meint dann all das, was in der Organisation als „Mitgliedschaftsbedingungen“ entschieden wurde. Darunter fallen Anwesenheitszeiten, die zu erledigenden Aufgaben und – sofern es sich um Konditionalprogramme handelt – wie welche der Aufgaben zu erledigen sind, wer einem was sagen darf und wer nicht und so weiter. Formalstrukturen sind also all jene Entscheidungsprämissen, die in der Organisation entschieden wurden.

Die informale Seite bzw. Informalität der Organisation meint dann die Dinge, über die eben keine Entscheidung getroffen wurde – die unentschiedenen Entscheidungsprämissen. „Von Informalität als Teil der Organisationsstruktur kann man sprechen, wenn eine nicht in der Formalstruktur erwartete Handlung mit einer gewissen Regelmäßigkeit auftritt. Erst wenn ein Deutungsmuster sich nicht nur bei einem einzigen Mitglied findet, sondern sich in Teilen der Organisation als erwartbar eingeschlichen hat, hat es den Status einer informalen Erwartung. Erst wenn die kurzfristige Abstimmung mit der Kollegin in der Nachbarabteilung nicht ausnahmsweise vorgenommen wird, sondern wiederkehrend als ‚kurzer Dienstweg‘ zur Abstimmung genutzt wird, hat man es mit einer informalen Struktur zu tun“ (ebd.). Diese Routinen und Gewohnheiten werden oft und etwas verkürzt als Organisationskultur definiert: „So machen wir das hier eben, damit es funktioniert.“

Zur Unmöglichkeit der Gestaltung der Informalität

Was lässt sich in Organisationen entwickeln? Welche Ansatzpunkte haben Führungskräfte? Welche Optionen hat Organisationsentwicklung? Diese Fragen sind relevant, wenn es darum geht, Organisationen zukunftsfähig zu gestalten.

Gestalten heißt, Entscheidungen darüber zu treffen, was zukünftig anders – hoffentlich besser – sein soll.

Wenn man den Ausführungen von Kühl und Muster folgt (vgl. 2016) können Organisationen über drei „grundlegend verschiedene Typen von Organisationsstrukturen – oder systemtheoretisch ausgedrückt: von Entscheidungsprämissen“ entscheiden:

  1. Programme: Programme legen fest, „was man in einer Organisation tun darf und was nicht“ (ebd.). Programme lassen sich untergliedern in a) Konditionalprogramme und b) Zweckprogramme. „Konditionalprogramme legen fest, was getan werden muss, wenn in einer Organisation ein bestimmter Impuls wahrgenommen wird“ (ebd.). Kurz kann man auch sagen: Alle vorgegebenen und verschriftlichten Prozesse („Wenn X passiert, ist Y zu tun!“) sind Konditionalprogramme. Zweckprogramme legen demgegenüber fest, „welche Ziele oder Zwecke erreicht werden sollen“ (ebd.). Hier geht es darum, den oben in der Organisation oder auch den im Team festgelegten Zweck zu erreichen – die Mittel dafür werden nicht näher definiert und es werden auch keine Prozesse beschrieben, wie genau das Ziel bzw. der Zweck zu erreichen ist.
  2. Entscheidungswege: Entscheidungswege zeigen sich in den Organigrammen der Organisation und sagen aus, wer wem etwas sagen bzw. entscheiden kann, ohne dass dies angezweifelt wird. Hierarchien, Mitzeichnungsrechte oder auch die Kommunikationswege in Projekten, die sich temporär ausbilden, lassen sich als Beispiele für Entscheidungswege anbringen.
  3. Personal: Organisationen können darüber entscheiden, wen sie einstellen und wen nicht bzw. wen sie entlassen und wen nicht. „Jeder Beobachter kann feststellen, dass in Organisationen nicht nur über Personal entschieden wird, sondern dass Personalentscheidungen wichtige Prämissen für weitere Entscheidungen in der Organisation sind. Es macht für künftige Entscheidungen einen Unterschied, welche Person die für die Entscheidung zuständige Stelle besetzt“ (ebd.)

„Programme, Kommunikationswege und Personal lassen sich als Sinnbild für die Formalstruktur einer Organisation interpretieren. Über diese Entscheidungsprämissen können Leitungskräfte in Einrichtungen der Sozialen Arbeit entscheiden und hierdurch – im Sinne von Steuerung – Einfluss auf zukünftige Entscheidungen nehmen“ (Gesmann, Merchel, 2021, 37)

Über alles weitere, über die Strukturtypen Programme, Entscheidungswege und Personal hinausgehende und damit auch über die Informalität kann nicht formal entschieden bzw. aktiv gestaltet werden. Kurze Dienstwege oder neue Ideen können nicht angeordnet oder strukturell verankert werden ebensowenig wie der regelmäßige Besuch der Currywurstbude zur Mittagspause oder das „agile Mindset“ der Mitarbeiter_innen.

Gleichzeitig ist zu betonen, dass Informalität in allen und damit auch noch so „formalisierten“ Organisationen existiert, da Organisationen soziale Systeme sind und die Informalität zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit der Organisationen zwingend erforderlich ist. Der „Dienst nach Vorschrift“ ist die effektivste Streikform und wäre insbesondere für soziale Organisationen tödlich.

Warum aber stellt dominierende Informalität ein Problem für die Gestaltbarkeit insbesondere sozialer Organisationen dar?

Bevor diese Frage beantwortet wird, stellt sich die Frage, warum überhaupt Informalität in sozialen Organisationen dominiert.

Informalität als dominierende Normalität sozialer Organisationen

Etwas überspitzt ausgeführt:

Absprachen werden individuell unter den Kolleg*innen getroffen, schnelle Entscheidungen werden nicht über den offiziellen Entscheidungsweg herbeigeführt, „das war schon immer so“ kommt vor der Umsetzung der in der Teamsitzung getroffenen Entscheidung, was immer wieder zu Frust aufgrund fehlender Verbindlichkeit führt und die nächste Veränderung wird genauso unbeschadet und vor allem unverändert ausgesessen, wie die Veränderungen zuvor.

Regeln – sofern sie denn existieren – werden nicht angewandt und gemeinsame Absprachen werden nicht eingehalten, sondern es wird vornehmlich situativ und subjektiv entschieden, was wie gemacht wird (vgl. dazu näher Merkes und Eidenschink, 2021, Leitprozess Gegenwartsbehandlung).

Aus meiner Sicht – und ich bin sehr dankbar über kritische und ergänzende Rückmeldungen in den Kommentaren oder per Mail – ergibt sich die dominierende Informalität aus den folgenden Besonderheiten sozialer Organisationen:

Historische Entwicklung sozialer Organisationen

Der Blick in die Historie vieler sozialer Organisationen, Träger und Verbände zeigt, dass diese aus dem Engagement Einzelner oder aus dem Engagement kleiner Gruppen von Menschen mit einem besonderem Anliegen, einem „Calling“. Sie wurden „angerufen“ von einem bestimmten Anliegen. Dieses Anliegen ist größer als die reine Notwendigkeit, für ein berufliches Auskommen zu sorgen.

Den Menschen, die im Jahr 1958, nach den schrecklichen Gräueltaten der Nazis nach dem zweiten Weltkrieg, die Lebenshilfe ins Leben gerufen haben, ging es nicht um die Entwicklung und Gestaltung einer großen Organisation, sondern zunächst einmal um die konkrete Hilfe für die Kinder mit Behinderung (vgl. https://www.lebenshilfe.de/ueber-uns/geschichte-der-lebenshilfe) Der Gründer selbst sagte 1958 „die Anregung, derartige Einrichtungen auch hier ins Leben zu rufen, wird von einer einflussreichen Elternorganisation ausgehen müssen, die nicht müde wird, sich immer wieder dort, wo es notwendig ist, für das Wohl und Glück ihrer Schützlinge einzusetzen.“ (Tom Mutters, 1958)

Nicht monetäres Auskommen, sondern die intrinische Motivation, das Wohl und Glück der Schützlinge zu steigern, war Antrieb für die Gründung.

Als weiteres Beispiel nehme ich hier Condrobs e.V. – eine inzwischen mittelgroße Organisation mit etwas mehr als 1.000 Mitarbeiter*innen. Dazu heißt es auf Wikipedia:

„Condrobs e. V. ist ein Träger für soziale Hilfsangebote in Bayern. Der Verein wurde am 13. Dezember 1971 als Selbsthilfe-Initiative von Eltern drogenabhängiger Heranwachsender und Fachkräften in München unter Beteiligung des Rechtsanwalts Alexander Eberth gegründet.“

Auch hier kommt der Antrieb zur Gründung aus der Initiative betroffener Eltern.

Und der Blick zurück in die Entstehungsgeschichten der großen Wohlfahrtsverbände zeigt ähnliche, individuelle und hochgradig intrinsisch motivierte Perspektiven.

Meist zeigt die Gründungshistorie, dass einzelne Menschen oder Gruppen von Menschen andere als monetäre Interessen mit der Gründung der Organisationen und Verbände verfolgt haben. Das Helfen kam von innen. Nicht die Frage möglichst effizienter und effektiver Gestaltung der Organisationen stand im Vordergrund, sondern der Zweck – Helfen wollen in allen Variationen.

Bei allen Beispielen zeigt sich, dass die intrinsische Motivation der Gründer_innen tief als kulturelles Muster in viele Organisationen eingeprägt ist und damit auch heute noch – bewusst oder unbewusst – wirkt. „Wir ticken hier eben so!“ ist die grundlegende Überzeugung, der man sich nicht entziehen kann.

Rechtsformen sozialer Organisationen

Der Blick auf die Rechtsformen insbesondere der bereits länger existierenden sozialen Organisationen lässt eine Unterteilung in Öffentliche Träger (Jugendämter, Gesundheitsämter…), frei-gemeinnützige Träger (Wohlfahrtsverbände) und privat-gewerbliche Träger zu.

Holdenrieder (2017, 24) betont, dass „die Entscheidung, sich in einem eingetragenen Verein (e.V.) zu organisieren, (…) die seit jeher häufigste Rechtsformwahl von frei-gemeinnützigen Trägern der Sozialen Arbeit“ ist.

Ja, in den letzten Jahren und Jahrzehnten sind gemeinnützige GmbHs hinzugekommen, die aber oftmals als Ausgründungen aus Trägervereinen existieren. Damit sind in vielen Fällen die Vereine selbst die einzigen oder zumindest Mitgesellschafter der GmbHs.

Die Rechtsform Verein ist von Grund auf partizipativ angelegt: Nicht die Geschäftsführung dominiert die Tätigkeiten des Vereins, sondern die Mitgliederversammlung, die als oberstes beschlussfassendes Organ alle Vereinsangelegenheiten regelt, soweit sie nicht durch die Satzung einem anderen Organ, etwa dem Vorstand, zugewiesen sind. Aufgaben der Mitgliederversammlung sind insbesondere die Wahl, Bestellung und Abberufung des Vorstands, Satzungsänderungen, Entscheidungen über grundlegende Angelegenheiten des Vereins sowie die Beaufsichtigung, Weisungserteilung und Entlastung vor allem des Vorstands. Die Mitgliederversammlung ist damit das wichtigste Organ des Vereins.

Selbstverständlich spielen wirtschaftliche Gesichtspunkte auch in Vereinen eine Rolle. Der Zweck des Vereins dominiert jedoch die Vereinstätigkeiten.

Dominanz von Zweckprogrammen

Zweckprogramme – wie oben schon beschrieben – legen fest, welche Ziele und Zwecke erreicht werden sollen. Sie geben aber nicht vor, wie genau die Konditionalprogramme, also Prozesse, einzuhalten sind, um die Zwecke zu erreichen.

„Im Gegensatz zu Konditionalprogrammen verfügen Zweckprogramme (…) über ein deutlich höheres Maß an ‚Elastizität‘ (…), was dem stark individualisierten Aufgabencharakter von sozialen Dienstleistungen gerecht wird“ (Gesmann, Merchel, 2019, 35f).

Aus dieser Perspektive gewinnen Visionen, Leitbilder, Wertebeschreibungen und auch die Schauseite sozialer Organisationen besondere Bedeutung: Wenn nicht vorgegeben werden kann, wie genau welche Schritte zur Erstellung sozialer Dienstleistungen gegangen werden können, ist mehr Fokus auf die Darstellung von Zielen und Zwecken zu legen.

Daraus resultiert, dass Organisationen „hoffen müssen“, dass die Mitarbeiter_innen sich mit dem Zweck ihrer Aufgaben identifizieren und diese dann so gut wie möglich erledigen. Während in produzierenden Unternehmen die Maschinen den Takt vorgeben und damit (besser) geregelt werden kann, wer was wann wie zu tun hat, sind soziale Organisationen darauf angewiesen, dass die Mitarbeiter_innen den purpose (jaja, ich weiß) verinnerlicht haben und im besten Sinne versuchen, diesen Zweck zu realisieren.

Entsprechend müssen „Soziale Dienstleistungen (…) situativ und individuell konstituiert werden und sind daher nur begrenzt standardisierbar: am ehesten in ihren administrativen Rahmenbedingungen, kaum jedoch in ihrem interaktiven Kern“ (Gesmann, Merchel, 2019, 59).

Die Ausführungen zeigen, dass notwendigerweise viele „individuelle Möglichkeiten“ in sozialen Organisationen existieren, die Leistungserbringung zu gestalten.

Darüber lässt sich auch die Ablehnung von „übergestülpten“ Konzepten erklären, die die „individuellen Möglichkeiten“ einschränken. Zu nennen ist bspw. die – oft, aber nicht immer – berechtigte Kritik an „starren“ Qualitätsmanagementkonzepten, die für soziale Organisationen adaptiert werden.

Professionelle Identität Sozialer Arbeit

Ich denke, es ist bisher schon deutlich geworden, dass die strukturellen Bedingungen sozialer Organisationen zu hoher Informalität führen. Einen Aspekt will ich aber noch ergänzen:

Was motiviert Menschen dazu, in soziale Berufe zu gehen?

Monetäre Anreize sind es nicht und auch die Anerkennung der Gesellschaft hält sich in engen Grenzen.

Vielmehr agieren Menschen in Sozialen Berufen aus einer intrinsischen Motivation heraus. Ihre professionelle Identitätsentwicklung beruht nicht allein auf Studium und Arbeitskontexten. Sie bildet sich bereits vor dem Studium durch „Familie, biografisch erworbene Wertvorstellungen, Professionsangehörige als Vorbilder oder ehrenamtliche bzw. nebenamtliche Tätigkeiten“ (Harmsen, 2009, 256). Harmsen schreibt weiter, dass „im professionellen Alltag (…) die Fallarbeit das Bewusstsein (dominiert). Sie gilt als Kennzeichen von Professionalität. Gesellschaftliche Ursachen für die Entstehung sozialer Probleme werden nur marginal wahrgenommen, so lange die Existenz der eigenen Stelle nicht in Frage gestellt wird. Ein sozialpolitisch fundiertes Professionsverständnis ist nicht erkennbar. Professionelle Identität ist subjektiv und handlungsorientiert“ (ebd., 257). Angesichts der verschiedenen Arbeitsfelder und der Notwendigkeit, sich als Sozialarbeiter_in immer wieder neu auf unterschiedliche Kontexte einzustellen, spricht er von einer „flexiblen professionellen Identität“ (vgl. ebd., 258).

Hier kommt also Flexibilität und wieder die intrinsische Motivation sowie die Subjektivität hinein. Die eigene, individuelle, aus der Praxis gewonnene Perspektive ist relevanter für die Identitätsbildung als kollektive, theoretisch fundierte Ansätze.

Für die Gestaltung von Organisationen folgt daraus, dass die herkömmlichen „Motivationsmöglichkeiten“ (wenn es sowas überhaupt gibt), an ihre Grenzen stoßen:

„Werden intrinsisch motivierte Fachpersonen anstatt mit kollegialer Anerkennung oder fachlich differenzierten Vorgesetztenfeedbacks vor allem mit monetären Anreize und anderen Bonussysteme belohnt, so tritt sehr rasch eine Demotivation ein. Die Mitarbeitenden fühlen sich nicht mehr als engagierte Fachleute geschätzt, sondern als tayloristische Arbeitskräfte entwertet“ (Herzka, 2013, 90).

Also: Obacht geben und Finger weg von individuellen Boni-Systemen!

Verständnis Sozialer Organisationen als soziale Bewegung

Ich habe in den letzten Wochen die letzte Staffel des Podcasts „Der ganz formale Wahnsinn!“ von Andreas Herrnwille und Stefan Kühl gehört. In dieser Staffel geht es um soziale Bewegungen! Ich empfehle Dir hier zum Einstieg Folge 60 mit der Grundfrage: 

„Was ist eine soziale Bewegung?“

Dazu schreibt Kühl, dass sich „politische und religiöse Bewegungen (…) an Werten [orientieren], die sich zur Mobilisierung von Bevölkerungsteilen eignen. Das können Werte sein wie Frieden, Umweltschutz oder Gleichberechtigung, es können aber auch Werte wie Rassenreinheit, nationale Identität oder die weltweite Durchsetzung des ‚wahren‘ islamischen oder auch christlichen Glaubens sein.“

Fridays for Future kommt da sofort in den Sinn, aber auch Bewegungen wie Ökologiebewegungen, Anti-Atom-Bewegungen, Friedens-, Menschenrechts-, Antiglobalisierungs-, Behinderten-, Frauen-, LGBTQ-Bewegungen. 

Zwischen sozialen Bewegungen und Organisationen gibt es einige, eklatante Unterschiede. Insbesondere fällt es – im Gegensatz zu Organisationen – den Bewegungen schwer, den Kreis ihrer Mitglieder exakt zu definieren. Wer genau gehört dazu? Wer ist Aktivist:in, wer Gegner, wer Sympathisant:in? Es ist oftmals sogar „für die jeweilige Bewegung selbst nur schwer zur erkennen, wo genau die Grenze zwischen diesen (…) Gruppen verläuft“ (ebd.). 

Aber was hat das jetzt mit sozialen Organisationen, Wohlfahrtsverbänden etc. zu tun?  Verstehen sich diese zu Teilen mehr als Bewegung denn als professionelle Organisation? 

Da spricht einiges dafür: 

  • Wenn die Definition sozialer Bewegungen zugrunde gelegt wird, zeigt sich eine Parallele in der starken Werteorientierung sozialer Organisationen: Formulierungen zur Nächstenliebe, christlichen Werten, Solidarität, zu den „Menschen im Mittelpunkt“ usw. finden sich in allen Leitbildern Sozialer Organisationen. 
  • Im Gegensatz zu professionellen Organisationen steht entsprechend ein „größerer Zweck“, ein „evolutionärer Sinn“ vor der reinen „Wirtschaftlichkeit“. Überspitzt formuliert geht es in vielen sozialen Organisationen, Wohlfahrtsverbänden und Initiativen um die „Rettung der Welt“ und damit eben um wertegetriebenes Handeln. 
  • Viele soziale Organisationen sind auf die Mitarbeit von Ehrenamtlichen angewiesen, die durch ihre Ehrenamtlichkeit keine „klassischen Organisationsmitglieder“ sind. 
  • Der Blick auf die Historie sozialer Organisationen (s.o.) zeigt ebenfalls, dass diese oftmals aus anderen Beweggründen ins Leben gerufen wurden als klassische Unternehmen.

Wahrscheinlich ließe sich diese Liste bei längerem Nachdenken verlängern. Aber sie macht schon so deutlich, dass durch die Vermischung der Anforderungen professioneller Organisationen und Bewegungen eine massive Konfusion, Unklarheit und damit oftmals Unsicherheit ausgelöst wird.

Und durch die Konfusion ergeben sich Herausforderungen insbesondere auf Seiten der Führungskräfte:

  • Wie gehe ich mit den Ehrenamtlichen um? Welche Anforderungen stellen bspw. Vorstände oder ehrenamtliche Aufsichtsräte?
  • Darf ich (bspw. aus Gründen des Überlebens der Organisation) die Wirtschaftlichkeit vor den „größeren Zweck“ stellen? 
  • Darf ich formale Strukturen, klare Regeln und Prozesse einfordern und deren Missachtung sanktionieren? 
  • Auf welche unserer vielen Stakeholder höre ich eigentlich? Wer hat Priorität? 

Aus dieser Konfusion und den Unsicherheiten ergibt sich auch – so zumindest eine These – die mir oft begegnende „nicht vorhandene Führung“ in Teams und Organisationen der Sozialen Arbeit.

Personenorientierung führt zur Veränderungsresistenz sozialer Organisationen

Rudolf Wimmer schreibt, dass es in Einzelfällen sinnvoll sein kann, eine Organisation um die Bedürfnisse von Personen herum zu bauen. In der Gestaltung von Organisationsdesigns jedoch grundsätzlich auf die Personenorientierung zu setzen, ist nicht funktional, da das Organisationsprinzip „Personenorientierung“ „nur bis zu einem gewissen Komplexitätsgrad erfolgreich ist“ (Wimmer, 2019).

Dem folgend „wird damit auf der Personenseite die Illusion genährt, dass die Organisation sich um die eigenen Anliegen und Wünsche herum entwickelt – d. h. die Organisation tritt in den Dienst der Bedürfnisse ihrer Beschäftigten. Diese Illusion hat katastrophale Auswirkungen auf die Organisation“ (ebd.).

Wimmer schließt die Ausführungen mit dem Bezug zu Non-Profit-Organisationen, die aus seiner Perspektive „per se veränderungsresistent [sind], weil sie keinen Aufgabenfokus jenseits der persönlichen Bedürfnisse mobilisieren können“ (ebd.).

Die vorherigen Ausführungen in den Blick nehmend zeigt sich die Personenorientierung (im Gegensatz zur Aufgabenorientierung) jedoch an vielen Stellen – von der Gründung sozialer Organisationen basierend auf individuellen Schicksalen der Gründer:innen über die auf ehrenamtliche Beteiligung angewiesenen Rechtsformen sozialer Organisationen bis hin zur auf die intrinsische Motivation setzende professionellen Identität der in den Sozialen Berufen Beschäftigten.

Gestaltungsmöglichkeiten trotz dominierender Informalität

Ich hoffe, es ist deutlich geworden, dass in sozialen Organisationen Informalität dominiert, auch wenn hier sicher differenziertere Perspektiven aufgemacht werden könnten. Interessant dazu sind die „Spezifika von Organisationen der Sozialen Arbeit und deren Bedeutung für Management“ bei Gesmann und Merchel (2019, 69ff).

So bin ich bspw. nicht auf die Pluralität sozialer Organisationen eingegangen bzw. die Tatsache, dass sie „einer Vielzahl von Interessenträgern mit heterogenen Erwartungen ausgesetzt (sind) – mit der Folge, dass sie unterschiedliche, (…) gar in Widersprüchen zueinander befindliche Handlungslogiken aufnehmen und balancierend verarbeiten müssen“ (ebd., 71), was wiederum zu individuellen Herangehensweisen und damit einer sich steigernden Informalität und in der Konsequenz zu Fragen an die Gestaltbarkeit formaler Strukturen bzw. den Veränderungsmöglichkeiten sozialer Organisationen führt.

Denn diese formalen Strukturen sind es, über die Führungskräften Gestaltungsoptionen wahrnehmen können. Und hier wird es kompliziert.

Denn Informalität in Organisationen dient ja gerade dazu, die Formalstrukturen zu umgehen, zu ignorieren bzw. im eigenen Sinne funktional auszulegen.

Ohne hier (es ist ja noch ein Blogbeitrag) die Tiefe gehen zu können ist der Begriff der „brauchbaren Illegalität“ (vgl. dazu näher Kühl, 2020) spannend. Darunter ist der bewusste, zeitlich begrenzte, für die Organisation und deren Mitglieder funktionale Verstoß gegen die formalen Erwartungen der Organisation zu verstehen.

Ich will auch noch einmal betonen, dass Informalität für soziale Organisation nicht ausschließlich ein Problem darstellt, sondern hochgradig relevant und damit funktional ist. Denn „gerade Organisationen der Sozialen Arbeit, deren primäre Aufgaben in einer direkten Auseinandersetzung mit Leistungsadressaten und deren wechselnden Problemen liegen, müssen ihren Mitarbeitern auf den unteren Ebenen ein hohes Maß an Spielraum für Vorgehen und Entscheidungen belassen“ (Gesmann, Merchel, 2019, 111).

Was aber tun? Organisationsentwicklung einfach sein und soziale Organisationen weiterhin veränderungsresistent „vor sich hinwabern“ lassen?

Naja, nicht unbedingt.

Im Folgenden habe ich – neben dem Verständnis notwendiger Informalität – drei Ansätze zur Gestaltung sozialer Organisationen skizziert:

  • „Sanktionieren“,
  • „Formalisieren“ und
  • „Ignorieren“.

Verständnis notwendiger, dominierender Informalität

Allein das Verständnis davon, dass es in sozialen Organisationen aufgrund der geschilderten Aspekte immer „informeller“ zugehen wird (und muss), als in „normalen Organisationen“, dient – als ein erster Ansatz – dazu, von „Steuerungsphantasien“ im Sinne der „Organisation als Maschine“ Abstand zu nehmen.

Steuerungsphantasien sind in allen sozialen Systemen fehl am Platz. Denn, wie Maja Göpel sehr passend schreibt, lehrt die systemische Perspektive, „dass es ’normal‘ ist, zu erwarten, dass die Lösungen von heute die Probleme von morgen sein werden“ (2022, 33). Steuerungsphantasien in sozialen Organisationen sind aufgrund der dominierenden Informalität jedoch noch weniger sinnvoll und zielführend also sowieso.

Sanktionieren

Option 1 ist die Sanktionierung von regelabweichendem Verhalten.

Eigentlich einfach:

Wenn in der Organisation festgestellt wird, dass Vereinbarungen nicht eingehalten, eigene, individuelle Wege gegangen und Regeln nach eigenem Ermessen ausgelegt werden bzw. die brauchbare Illegalität ausgelebt wird, kann dies – wie bei jedem illegalen Handeln – sanktioniert werden.

Organisationen bzw. konkret Führungskräfte haben die Möglichkeit, auf der Einhaltung der Mitgliedschaftsbedingungen zu beharren. Sie können die Beachtung von formalen Regeln einfordern. Das kann vom einem „ernsten Gespräch“ über die Abmahnung bis hin zur Kündigung führen.

Das Sanktionieren klingt auf den ersten Blick und für Menschen aus sozialen Organisationen hart. Aber anders betrachtet sorgt die Option der Sanktionierung für Klarheit und Sicherheit. Und wenn eine Ausprägung von Führung ist, Entscheidungen zu treffen, von denen andere Menschen tangiert werden, dann können diese Entscheidungen eben auch in der Sanktionieren regelabweichenden Verhaltens bestehen.

Sanktionierung kann aber auch über die Gruppe bzw. das Team erfolgen. Der soziale Druck ist aus oftmals wirksamer als die Sanktion durch Vorgesetzte. Mich wundert immer wieder, dass in Teams gemeinsam vereinbarte Vorgehensweisen nicht eingehalten werden, aber dies auch niemand offen in der gemeinsamen Teamsitzung anspricht.

Ja, das erfordert Mut und Konfliktfähigkeit. Aber gemeinsame Arbeit geschieht ja nicht zum Spaß, sondern um den Zweck der Organisation bzw. des Teams bestmöglich zu erreichen.

Und spätestens dann, wenn es zur Frage der Gestaltung selbstbestimmt agierender Teams kommt, geht an der Sanktionierung über den sozialen Druck bzw. das offene Ansprechen von regelabweichendem Verhalten kein Weg vorbei. Dazu bedarf es „psychologischer Sicherheit“ im Team bzw. eine „Teamkultur“, in der es möglich ist, auch unbeliebte, konfliktbehaftete Themen offen anzusprechen.

Hinzuweisen ist aber auch darauf, dass „der Ton die Musik“ macht und eine respektvolle Kommunikation auch bei kritischem Feedback im Team gewahrt bleiben kann.

Sanktionierung funktioniert aus externer Beraterperspektive nicht, da die Berechtigung zur Sanktionierung fehlt. Gleichwohl können Berater:innen die Führungskräfte bei Sanktionierungsprozessen begleiten. Sie können zum einen helfen abzuwägen, ob eine informale Verhaltensweise überhaupt sanktioniert werden muss (s.u.).

Zum anderen können sie selbstbestimmt agierende Teams dabei begleiten, „guten sozialen Druck“ auszuleben und kritisches Feedback transparent und respektvoll anzusprechen.

Formalisieren

Alternativ zum Sanktionieren ist es auch möglich, bislang regelabweichendes oder eben nicht geregeltes Verhalten zu formalisieren, also offiziell als zugehörig zur Formalstruktur zu bestätigen.

Dies kann hilfreich sein bei für die Organisation funktionalem, vormals informalem Verhalten.

Und Informalität ist, wie oben dargelegt, häufig funktional.

Es gilt, das informale und damit ungeregelte, nicht entschiedene Verhalten zu thematisieren und dann gemeinsam zu erarbeiten, ob und vor allem wie eine gültige Regel formuliert und damit formalisiert werden kann.

Zur Thematisierung des informalen Verhaltens wiederum ist die Frage „Wie wird entschieden?“ bzw. die Beobachtung dessen, wie entschieden wird, hilfreicher als der Blick darauf, was „richtig“ ist (vgl. Merkes, Eidenschink, 2021, 99).

Ignorieren

Alternative 3 ist es, abweichendes Verhalten zu ignorieren.

So ist es insbesondere bzgl. der Sanktionierung, aber auch bzgl. der Formalisierung problematisch, dass informales Verhalten funktional für die Erledigung der Aufgaben ist – zumindest für das jeweilige Organisationsmitglied.

Eine Sanktionierung durch die Führungskraft und damit die Einforderung der Einstellung des informalen Verhaltens wird somit immer auch ungewollte Nebenwirkungen mit sich bringen: Was vorher „irgendwie“ funktioniert hat, ohne das klar war, wie genau, ist plötzlich verboten.

Hier macht es oftmals Sinn, nicht hinzuschauen und das informale Verhalten im Team zu ignorieren:

„Mitarbeiter XY verhält sich zwar immer wie die Axt im Wald, er hält sich nicht an Ansprechen, dokumentiert nichts, aber die Ergebnisse die geliefert werden, sind topp!“

Dabei ist jedoch relevant, dass das Verhalten funktional für die Organisation ist und nicht zu massiven Konflikten innerhalb oder auch außerhalb der Organisation führt.

Ignorieren erfordert also wiederum viel Fingerspitzengefühl auf Seiten der Führungskräfte, der Berater:innen bzw. der Teammitglieder:

„Wollen wir wirklich die Informalität ans Licht bringen? Oder lassen wir es im Sinne der Organisation so laufen?“

Fazit, oder: Konsequenzen für die Organisationsentwicklung sozialer Organisationen

Deutlich wurde, dass Informalität in allen Organisationen „normal“ ist. „Eine vollkommen transparente und formalisierte Organisation, die keine Spielräume hätte, informell Entscheidungen zu treffen, [wäre] nicht existenzfähig“ (Merkes, Eidenschink, 2021, 78).

Bezogen auf soziale Organisationen kommen jedoch Besonderheiten hinzu, die – als Führungskraft ebenso wie als Berater:in – in der Gestaltung sozialer Organisationen nicht unbeachtet bleiben dürfen.

Für Beratung und auch für die Führungskräfte gilt also grundlegend, dass es relevant ist, beide Seiten – die formale und informale Seite der Organisation – „als für die Anpassungsfähigkeit der Organisation bedeutsam“ (Merkes, Eidenschink, 2021) anzuerkennen.

Der einfache Rückschluss, dass dominierende Informalität „verhindert“ und damit sanktioniert gehört bzw. das entsprechendes individuelles, nicht abgesprochenes Verhalten formalisiert werden muss, neue Regeln einzuziehen sind und damit aus dem Schatten der Organisation „ins Licht geholt werden“ und sichtbar gemacht werden muss, ist immer mit Vorsicht zu betrachten.

Ignorieren allein hilft jedoch auch nicht (immer), denn es soll sich ja trotz der Veränderungsresistenz sozialer Organisationen etwas – hin zum Besseren – bewegen.

Entsprechend bewegt man sich – als Berater:in wie als Führungskraft sozialer Organisationen – auf dünnem Eis.

In eigenen Projekten gehe ich so vor, dass ich vorab Hypothesen über die Organisation bilde und diese dann in meinem Kopf oder auch explizit mit den Kund:innen thematisiere. Im Verlauf der gemeinsamen Arbeit kommen wieder neue Hypothesen, also Annahmen, hinzu. Dabei können es rosa Elefanten sein, die sich – gefühlt – im Raum breit machen, Schweigen bei bestimmten Themen, Abwehr bezogen auf bestimmte Veränderungsaspekte, Tabus und und und…

Hier macht es Sinn, sehr umsichtig vorzugehen und nachzufragen, ob die als rosa Elefanten verkleideten Hypothesen angesprochen und damit explizit werden oder ob sie besser ignoriert bleiben sollten.

(Auch) basierend auf den Ausführungen bin ich zunehmend skeptisch, ob der Ruf nach mehr „Selbstorganisation“ und damit der weiteren Stärkung der sowieso in Teilen ausufernden Informalität in sozialen Organisationen „immer“ zielführend ist (im Wissen, dass ich selbst ein „großer Rufer“ bzgl. des Themas bin ;-).

Ich stelle hier abschließend die These in den Raum, dass es in vielen sozialen Organisationen häufig mehr Sinn machen würde, vor dem Weg in die sinnvolle Gestaltung selbstorganisierter Strukturen und Teams zunächst die Fremdorganisation zu stärken, den Formalisierungsgrad sinnvoll zu erhöhen, neben den Zweck- auch die Konditionalprogramme sowie die Entscheidungswege in den Blick zu nehmen und erst dann, wenn die Basics der Organisation sinnvoll formalisiert sind und die Aufgabenorientierung vor der Personenorientierung steht, über Selbstorganisation nachzudenken.

Wenn es Organisationen gelingt, die Möglichkeit der stärkeren Formalisierung ebenfalls in den Blick zu nehmen und nicht das alleinige Propagieren von Selbstorganisation als Lösung aller Probleme voranzustellen, wäre „echte Agilität“ und damit Veränderung und Anpassungsfähigkeit an die tatsächlichen Bedarfe der Organisation erreicht und nicht ein einfaches Hinterherrennen hinter in vielen Fällen gar nicht so neuen Management-Moden.

Quellen

  • Gesmann, Stefan, und Joachim Merchel. Systemisches Management in Organisationen der Sozialen Arbeit: Handbuch für Studium und Praxis. Erste Auflage. Systemische soziale Arbeit. Heidelberg: Carl-Auer Verlag GmbH, 2019.
  • Göpel, Maja. Wir können auch anders: Aufbruch in die Welt von morgen. Berlin: Ullstein, 2022.
  • Harmsen, Thomas. Konstruktionsprinzipien gelingen der Professionalität in der Sozialen Arbeit. In: Becker-Lenz, Roland et. al. Professionalität in der sozialen Arbeit: Standpunkte, Kontroversen, Perspektiven. Wiesbaden: VS Verl. für Sozialwissenschaften, 2009. S. 255 – 264.
  • Herzka, Michael. Führung im Widerspruch. Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden, 2013.
  • Holdenrieder, Jürgen, Hrsg. Betriebswirtschaftliche Grundlagen Sozialer Arbeit: eine praxisorientierte Einführung. 2., Erweiterte und Überarbeitete Auflage. Stuttgart: Verlag W. Kohlhammer, 2017.
  • Kühl, Stefan, und Judith Muster. Organisationen gestalten: eine kurze organisationstheoretisch informierte Handreichung. Management kompakt. Wiesbaden: Springer VS, 2016.
  • Kühl, Stefan. Brauchbare Illegalität. Weswegen sich Regelabweichungen in Organisationen nicht vermeiden lassen. Working Paper 4/2020. URL: https://www.uni-bielefeld.de/fakultaeten/soziologie/fakultaet/personen/kuehl/pdf/Kuhl-Stefan;-Working-Paper-4-2020-Brauchbare-Illegalitat-Weswegen-sich-Regelbruche-nicht-vermeiden-lassen.pdf. Download am 05.09.2023.
  • Merkes, Ulrich, und Klaus Eidenschink. Entscheidungen ohne Grund – Organisationen verstehen und beraten Eine Metatheorie der Veränderung. Gottingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2021.
  • Wimmer, R., von Ameln, F. Agilität, Ambidextrie und organisationale Veränderungskompetenz. Rudi Wimmer über Erbe und Zukunft des Change Managements. Gr Interakt Org 50, S. 211–216, 2019. https://doi.org/10.1007/s11612-019-00458-0.

P.S.: Danksagungen kommen ja eigentlich an den Anfang. Hier geht mein Dank aber an Stefan Gesmann, mit dem ich mich zum Thema austauschen durfte und der mir noch einmal hilfreiche Perspektiven aufgezeigt hat.

Und jetzt bin ich wirklich gespannt auf Deine Beobachtungen zum Thema Informalität in Deiner Organisation: Wie gehst Du, wie geht ihr damit um?

Systeme verbinden, oder: Ein Dilemma in der Transformation pluralistischer Organisationen

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Soziale Organisationen ebenso wie NPOs, Schulen und Bildungseinrichtungen lassen sich als pluralistische Organisationen definieren. Unter pluralistischen Organisationen sind Organisationen zu verstehen, die sich an verschiedenen gesellschaftlichen Funktionssystemen orientieren müssen, um existieren zu können. Bei sozialen Organisationen lassen sich insbesondere die Funktionssysteme Recht, Wirtschaft, Politik, Erziehung, Wissenschaft, Medizin und Religion hervorheben.

Daraus resultiert, dass pluralistische Organisationen mit „einem besonders divergierenden Spektrum unterschiedlicher Umwelterwartungen konfrontiert sind und diesen Erwartungen auch zu entsprechen suchen. Diese unterschiedlichen Erwartungen externer Anspruchsgruppen schlagen sich in multiplen Zielen nieder, denen eine pluralistische Organisation zugleich gerecht zu werden versucht.“ [mfn]Hörer, H. (2013): Entscheidungsfähigkeit in pluralistischen Organisationen – Rekonstruktion von Entscheidungsmustern eines diakonischen Unternehmens. Dissertation[/mfn]

Das ist soweit nicht besonders. Viele Organisationen und insbesondere die Führungskräfte in diesen Organisationen sind es gewohnt, die mit den Herausforderungen der Verbindung multipler Ziele einhergehenden Dilemmata auszubalancieren. Widerspruchsmanagement ist Alltag von Führungskräften pluralistischer Organisationen.[mfn]vgl. bspw. Herzka, M. (2013): Führung im Widerspruch – Management in Sozialen Organisationen. Wiesbaden, Springer[/mfn]

Veränderung dritter Ordnung als Unmöglichkeit pluralistischer Organisationen

Problematisch wird es jedoch, wenn die Notwendigkeit besteht, die Organisationen nicht nur weiterzuentwickeln bzw. zu optimieren (Veränderung erster Ordnung), sondern grundlegende Transformationen der Art, wie die Organisationen gearbeitet haben, zu gestalten.

Innovation, Bruch, Disruptionen, schöpferische Zerstörung oder Veränderung zweiter, wenn nicht dritter Ordnung sind Stichworte.

So zeigen die inzwischen reichlich strapazierten Megatrends schon lange die Notwendigkeit nicht nur von Musterwechseln innerhalb bestehender Systeme, sondern die Notwendigkeit des radikalen Wechsels des Systems an sich [mfn]vgl. Kruse, P., Schaumburg, F. (2016): Führung im Wandel: Ohne Paradigmenwechsel wird es nicht gehen. In: Geramanis, O., Hermann, K. (Hrsg.): Führen in ungewissen Zeiten – Impulse, Konzepte und Praxisbeispiele. Wiesbaden, Springer. S. 3 – 16.[/mfn].

Und spätestens die aktuelle Corona-Pandemie hat gezeigt, wo in den gesellschaftlichen Funktionssystemen die wirklichen Probleme stecken. Das Klatschen über die doch angeblich so systemrelevanten Branchen haben viele noch im Ohr, aber in den Branchen selbst sieht es an vielen Stellen düster aus.

Über das starre Bildungssystem wurde schon viel berichtet, aber die Bildungskatastrophe in der Pandemie war dann schon oft sehr überraschend: Montags Zettel abholen, die dann Freitags ausgefüllt zurückgebracht werden müssen, ist keine Bildung. Es zeigt aber, dass die Primärfunktion von Schule vielleicht gar nicht Bildung, sondern die Betreuung der Kinder, damit die Eltern arbeiten können, ist?

Und der sowieso schon enorme Fachkräftemangel in Erziehung und Pflege hat durch die Pandemie trotz aller Beteuerungen über das erwartbare Maß hinaus zugenommen. Und nein, die Pflegekräfte aus dem Ausland sind keine Alternative, wie der Beitrag hier mit Blick aus Spanien, Italien und England darlegt.

System-Umwelt-Analyse als Grundlage der Organisationsentwicklung pluralistischer Organisationen

Vom großen Ganzen zurück zum Kleinklein gelingender Organisationsentwicklung pluralistischer Organisationen: Eine erste Intervention zeitgemäßer Organisationsentwicklung, ist die System-Umwelt-Analyse. Hierbei wird das zu betrachtende System (die eigene Organisation) in Verbindung zu den Systemen der Umwelt der Organisation gebracht.

Dabei kommen häufig interessante Einblicke zutage und es wird die schon genannte Besonderheit sozialer Organisationen ebenso wie Bildungseinrichtungen als pluralistische Organisationen deutlich: Sie sind in viele Funktionssysteme eingebunden, deren Funktionen, Codes und Programme sich oftmals widersprechen.

So ist – als Beispiel – die Funktion des Bildungs- und Erziehungssystems so etwas wie Sozialisation, der Code wäre in der Schule vielleicht „Besser lernen/schlechter lernen“, in der Sozialen Arbeit eher „Inklusion/Exklusion“ oder „Hilfe/Nicht-Hilfe“. Unter den Programmen sind Bildung oder die Angebote sozialer, personenbezogener Dienstleistungen zu verstehen. Diese sind in ihrer Ausgestaltung – das ist nichts Neues – hochgradig komplex. So besteht eine der Besonderheiten sozialer Organisationen darin, dass personenbezogene, soziale Dienstleistungen kaum standardisierbar sind und deren Effektivität immer an die Koproduktionsbereitschaft der Nutzer*innen gebunden ist. Spannend ist, dass in Bildungskontexten wie Schulen und Hochschulen noch immer versucht wird, Standardprogramme zu fahren, anstatt die individuellen Anforderungen anzuerkennen, aber das ist wiederum ein anderes Thema…

Gestaltung von Komplexität vs. Denken in Zuständigkeiten

Im Gegensatz zu den auf die Gestaltung von Komplexität angelegten Sozialen Organisationen sind die Sozialleistungsträger (u.a. Bund, Länder, Kommunen, Sozialversicherungsträger, Krankenkassen, die für die Kosten aufkommen) nicht im Erziehungssystem anhand der genannten Codes organisiert, sondern fokussieren in ihren Strukturen und Handlungsweisen auf Rechtmäßigkeit und Berechenbarkeit bei hoher Zuverlässigkeit, Effektivität und Effizienz.

Auch die Entwicklungen rund um „Neue Steuerungsmodelle“ (NSM) und seit etwa 2013 Kommunale Steuerungsmodelle (KSM) und damit die Versuche, von der inputorientierten über outputorientierte hin zu outcomeorientierten Steuerungen zu kommen, haben an der Grundorientierung der Arbeit der Sozialleistungsträger im Kern nicht viel verändert.

So schreiben Michl und Steinbrecher, dass das Denken in Einzelzuständigkeiten ein Grundprinzip des Arbeitens in Verwaltungen darstellt: „Auch komplexe Aufgaben werden in ‚kleine Häppchen‘ zerteilt und jedes Häppchen einem zuständigen Sachgebiet oder auch einer anderen beteiligten Behörde und darin jeweils einer Person zugeordnet. Diese Arbeitsweise ist über 200 Jahre alt und in vielen Situationen der heutigen Zeit nicht mehr angemessen.“ [mfn]Michl, T., Steinbrecher, W. (2018): Wozu kann unsere Gesellschaft eine „agile Verwaltung“ brauchen? In: Bartonitz, M. Et. al: Agile Verwaltung – Wie der öffentliche Dienst aus der Gegenwart die Zukunft entwickeln kann. Wiesbaden: Springer[/mfn]

Besonderheiten öffentlicher Verwaltungen liegen den Ausführungen von Richter[mfn]vgl. Richter, P. (2012): Die Organisation öffentlicher Verwaltung. In: Apel, M., Tacke, V. (Hrsg.): Handbuch Organisationstypen. Wiesbaden: Springer. 91 – 112[/mfn] u.a. in der Funktion einer Stabilisierung von Herrschaft, einer primär hierarchischen Ordnung der Interaktion von Verwaltungsorganisationen mit anderen Verwaltungsorganisationen mittels spezifischer Regelungsformen (Federführung) unter bestimmten Voraussetzungen (regional, fachlich) und einer bürokratischen Binnenrationalität und bürokratischen Organisationsformen.

Die Nähe dieses in weiten Teilen regelbasierten Vorgehens zum Taylorismus ist offensichtlich. Und dieses Vorgehen ist alles andere als schlecht, denn es passt für komplizierte Vorgehen und lineare Wirkungsketten wunderbar. Im Kern ist Verwaltung – mit Recht – als zwar kompliziertes, aber letztlich triviales System organisiert, auf dem unser Staat aufbaut.

Diese Funktionslogik gilt auch für weitere Sozialleistungsträger wie bspw. Krankenkassen und eben auch für die Funktionssysteme, auf die Schulen, Hochschulen und auch Volkshochschulen angewiesen sind: Obwohl jeder nachvollziehen kann, dass Bildung hochkomplex und nicht standardisierbar ist, wird – etwas verkürzt ausgedrückt – über Lehrpläne, Akkreditierungsvorgaben und eine Organisation in Ämtern (an VHS bspw.) versucht, Bildung zu organisieren, nein, zu kontrollieren.

Die Transformation pluralistischer Organisationen scheitert an der Inkompatibilität der Funktionsweisen der Systeme

Was ich sagen will: Die Codes und Funktionsweisen von Sozialen und Bildungsorganisationen unterscheiden sich radikal von denen der Sozialleistungsträger und für Bildung zuständigen Amtsstrukturen. Die einen sind im Kern auf die Gestaltung von Komplexität, die anderen auf die regelbasierte Abarbeitung von (gesetzlichen) Vorgaben, Plänen und die Kontrolle der Einhaltung von Regeln ausgerichtet.

Daraus resultiert, so meine These, dass die Transformation sozialer Organisationen ebenso wie die Transformation von NPO; Schulen und anderen Bildungsorganisationen an der Inkompatibilität der Funktionsweisen der Systeme scheitert.

Diese These wiederum scheint nicht besonders spektakulär oder neu zu klingen. Sie entfaltet ihre Wirkung jedoch im konkreten Alltag von Schulen, von frei-gemeinnützigen Organisationen, Komplexträgern, Wohlfahrtsverbänden uvm.

Überbordende Kontrolle, Dokumentationspflichten, klare Regeln und Vorgaben, Zuständigkeiten und Hierarchien stehen auf Seiten der Kostenträger schon immer der Notwendigkeit der Gestaltung von Dynamik und Komplexität auf Seiten pluralistischer Organisationen gegenüber. Hinzu kommt in der heutigen Zeit – VUCA und Co. sei Dank – eine zeitliche, sachliche und soziale und damit eine dreifache Dynamisierung, wie Kleve [mfn]Kleve, H. (2020): Die Rückkehr des „Menschlichen“: Integration des Psycho-Sozialen, Emotionalen und Elementaren als Voraussetzung für gelingende Selbstorganisation. In: Geramanis, O., Hutmacher, S. (Hrsg.): Der Mensch in der Selbstorganisation. Wiesbaden: Springer. 247 – 260. [/mfn] es nennt:

„Für Organisationen beschleunigen sich die Prozesse, auf die sie in ihrer sozialen Umwelt reagieren müssen; das ist der zeitliche Aspekt. In sachlicher und sozialer Hinsicht können wir von einer Diversifizierung und globalen Vernetzung von Ereignissen und Personen (…) ausgehen (…). Somit lässt sich eine enorme Steigerung der Komplexität konstatieren, also ein rasanter Zuwachs an Vielschichtigkeit und Verwobenheit von Ereignissen, die auf die Grenzen von Organisationen treffen.“

Autonomie und Selbstbestimmung pluralistischer Organisationen stehen dem Zuständigkeitsdenken der Kostenträger diametral entgegen

Pluralistische Organisationen sind gefordert, die zunehmende Komplexität zu bearbeiten. Dies gelingt, indem sie auf die Zunahme der äußeren Komplexität reagieren, indem sie ihre inner-organisatorische Komplexität erhöhen. Die Erhöhung der inner-organisationalen Komplexität bedarf neben einer Re-Emotionalisierung der Kommunikation innerhalb von Unternehmen (vgl. ebd., 251) die Gestaltung sich zunehmend selbststeuernder, autonomer Teams und damit einhergehend die auf Kompetenzen basierende Übernahme von Führung und Verantwortung.

Sich selbst steuernde, autonom agierende Teams und kompetenzbasierte Führung stehen jedoch im krassen Gegensatz zum Zuständigkeits-, Sicherheits- und Vorgabendenken der Sozialleistungsträger, Schulämter und Kultusminister.

Kurz: Die Kostenträger kommen mit den Notwendigkeiten zeitgemäßer Organisationen nicht klar. Die Abwehr geschieht nicht böswillig. Die Kostenträger können nicht anders. Vielleicht hilft diese Einsicht schon bei der nächsten Leistungsvereinbarung (die durch die Pandemie nicht einfacher werden).

Nochmal anders: Sachbearbeiter Jürgen ist nicht selten doof, sondern aus seiner Funktion im System eines Kostenträgers agiert er völlig rational. Jürgen kann gar nicht anders. Sein Verhalten und vor allem die getroffenen Entscheidungen passen „nur“ nicht zur dringenden Notwendigkeit der Komplexitätsgestaltung pluralistischer Organisationen.

Gestaltung pluralistischer Organisationen gelingt durch Einbeziehung aller Stakeholder

Daraus wiederum folgt, dass es im Zuge grundlegender Transformationen gelingen muss, alle basierend auf einer System-Umwelt-Analyse definierten Stakeholder an einen Tisch zu bekommen – und das schon vor dem anstehenden OE-Prozess.

Nur durch gemeinsames Verständnis der Anliegen der jeweils anderen Seiten kann (nicht: muss) sich die Option eröffnen, neue Wege gehen und dringend benötigte Experimente in der Neugestaltung pluralisitscher Organisationen realisieren zu können.

Abschließend nur noch ein Gedanke zur Notwendigkeit der Entwicklung der Kostenträger, insbesondere der öffentlichen Verwaltungen: Auch diese sind gefordert, im Zuge zunehmender äußerer Komplexität ihre innere Komplexität zu erhöhen, um überhaupt noch adäquat auf die sich verändernden Anforderungen reagieren zu können. Zwar besteht kein unmittelbarer Druck im Sinne der Notwendigkeit unternehmerischen Handelns, aber der Druck nimmt mindestens durch den Fachkräftemangel in der Verwaltung zu. Der schon angesprochene Jürgen weiß zwar, dass er im Sinne des Systems und damit im Sinne von Zuständigkeiten und Dienstanweisungen handeln muss. Jürgen weiß jedoch, dass er eigentlich anders – komplexitätssensibel – agieren müsste. Das zerreißt ihn innerlich. Und darauf hat – trotz aller vermeintlicher Sicherheit im öffentlichen Dienst – niemand mehr wirklich Bock…


P.S.: Ich kenne inzwischen zunehmend Beispiele, wie auch in den Verwaltungen versucht wird, anders zu agieren. Das ist schön zu sehen. Hinzuweisen ist als Sammlung der Beispiele auf den Blog „www.agile-verwaltung.org.

P.P.S.: Im Rahmen des (virtuellen) Socialbarcamps in Kiel habe ich eine Session zu dem Thema des Beitrags gehalten. Die Ergebnisse der Diskussion in der Session, wie es gelingen kann, die beiden sehr unterschiedlichen Systeme und Funktionslogiken zusammen zu bringen, kannst Du hier abrufen.

Wir brauchen Transparenz! oder: Agilität an der Basis sozialer Organisationen

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Was wäre, wenn Agilität das Problem ist?

Diese Frage habe ich in Twitter gehauen:

https://twitter.com/HendrikEpe/status/1287289323013001216

Es gab Reaktionen. Aber erst sehr spät kam die Frage danach, was denn eigentlich meine Definition von Agilität wäre und wie ich den Tweet eigentlich meine. Bei der Menge an (auch emotionalen) Reaktionen ist dies zumindest verwunderlich. Deswegen hier die Aufklärung, was ich eigentlich mit dem Tweet meine und was meine Gedanken dazu sind.

Zunächst einmal definiere ich Agilität als Anpassungsfähigkeit. Das ließe sich tiefer ausführen, aber nur kurz:

Vertrauen, oder: Zum Umgang mit fehlendem Slack in Sozialen Organisationen

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Stefan Kühl schreibt, dass es für Organisationen hochgradig relevant ist, „Slack“ zu produzieren, Fettpolster, um Zeiten der Krise gut bewältigen zu können. Er betitelt den Beitrag treffend mit den Worten

„Vom Nutzen und Schaden von Fettpolstern“.

Organisatorische Fettpolster werden deutlich, wenn man sich seine Beispiele anschaut:

Wir haben euch gewarnt! Oder: Drei Thesen für die Zukunft sozialer Organisationen

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„Dürfen wir WhatsApp nutzen?“ „Und wie sieht es mit Facebook aus?“ „Und dann ist Facebook ja eigentlich schon veraltet, oder?“ Diese und ähnliche Fragen tauchen in der Zusammenarbeit mit sozialen Organisationen im Kontext der Digitalisierung immer wieder auf.

Manche eigentlich anders geplanten Veranstaltungen fokussieren plötzlich explizit auf diese Fragen, da die Geschäftsführer (meist Männer) diesen Fokus bewusst, meistens aber unbewusst durch ihre Auftaktworte legen. Vorab, damit ich nicht falsch verstanden werde:

Warum es so einfach ist, über die digitale Transformation sozialer Organisationen zu sprechen

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Ich komme zurück von einem Führungskräfteworkshop bei einem Träger der stationären Jugendhilfe. Thema des Workshops war – mal wieder – die Frage, wie sich die Organisation dem Thema „Digitalisierung“ widmen kann. Dieses „mal wieder“ könnte darauf hindeuten, dass ich es unrelevant fände, sich der digitalen Transformation zu widmen. Dem ist aber nicht so, ganz und gar nicht. Ich will damit nur darauf verweisen, dass sich viele Organisationen auf unterschiedlicher Ebene mit dem Thema befassen. Die digitale Transformation sozialer Organisationen wird inzwischen breit diskutiert und das ist großartig. Jedoch sehe ich, dass die eigentlichen Herausforderungen in der Beschäftigung mit der digitalen Transformation auf den ersten Blick gar nichts mit Digitalisierung zu tun haben.

Was meine ich damit genau?

Innovation und Lernen: Working Out Loud in der Sozialen Arbeit

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#WOL? Schon einmal etwas davon gehört? Nein? Das wundert mich ein wenig. So habe ich das Gefühl, mit meinem Artikel beinahe zu spät dran zu sein, denn die Methode „Working Out Loud“ (kurz: #WOL) wird und wurde bereits in unzähligen Blogbeiträgen aufbereitet und erläutert. Ist es aber nur die neue Sau, die durch das digitale Dorf getrieben wird? Oder ist an der Methode Working Out Loud tatsächlich mehr dran? Und wenn mehr dran ist: Worin kann der Nutzen der Methode für die Professionellen in der Sozialen Arbeit und ggf. auch für soziale Organisationen liegen?

Im Folgenden gehe ich entsprechend den Fragen nach:

Sechs Thesen zur Zukunft sozialer Organisationen

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Mit diesem Beitrag versuche ich, einige Aspekte aus meiner Beschäftigung mit der Zukunft sozialer Organisationen zusammenzufassen. Vorab: Die Thesen zur Zukunft sozialer Organisationen sind kein Rezept, was Sie ändern müssen. Die Thesen sind vielmehr eine Art übergreifende Anregung, um weiter, neu und anders zu denken und darüber Impulse zu setzen, welcher Entwicklungen es bedarf, um soziale Organisationen zukunftsfähig zu gestalten.

Ich bin gespannt auf Ihre Reaktion und freue mich auf den Austausch – hier im Blog oder wo auch immer.

Ohne oben geht es nicht, oder: Wie geht New Work?

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Nach den ersten beiden Beiträgen zu einer Definition von New Work und der Fragestellung, warum New Work auch und gerade für soziale Organisationen wichtig ist, steht in Teil III die Frage im Vordergrund, wie denn konkret erste Schritte für soziale Organisationen, wie denn „New Social Work“ konkret aussehen kann: Wie geht New Work?

Der Einstieg erfolgt über die Grundhaltung der Führungskräfte der Organisation. Daran anschließend werden Methoden, Handlungsrahmen und Maßnahmen skizziert, wenn man im Kontext von New Work überhaupt von „Maßnahmen“ sprechen kann.

Zehn Thesen zur Steigerung der Innovationsfähigkeit sozialer Organisationen

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Wie lässt sich Innovationsfähigkeit steigern?

Dazu werden im Folgenden zehn Thesen angeführt und kurz erläutert, die aufzeigen, wo Ansatzpunkte für soziale Organisationen liegen. Es wird deutlich, dass sich die Steigerung der Innovationsfähigkeit auf alle Aspekte, Strukturen ebenso wie die Führung und das Management der Organisationen beziehen muss, um so zu echter Innovationsfähigkeit in sozialen Organisationen gelangen zu können.

Die Gliederung basiert auf den Grundkategorien des St. Galler Management Modells. Dabei werden die sechs Grundkategorien

  • „Umweltsphären“,
  • „Anspruchsgruppen“,
  • „Interaktionsthemen“,
  • „Ordnungsmomente“ (Strategie, Struktur, Kultur),
  • „Prozesse“ sowie
  • „Entwicklungsmodi“

unterschieden, die aus organisationstheoretischer Sicht die Organisationskontexte aufzeigen, in denen Organisationen als komplexe soziale Systeme eingelagert sind.