Warum die Frage nach der Arbeitszeit in Sozialen Organisationen wichtig ist und wo Ihr Antworten findet

Inhalt:

Dem Faktor Arbeitszeit wird – mit Blick auf die Diskussionen zu neuen Formen der Zusammenarbeit – ein enormes Gewicht gegeben:

Arbeit wann und wo man will, schnell noch die Mails am Abend checken, dafür am nächsten Morgen die Kids entspannt in die Kita bringen, gleichzeitig die Fahrzeit zum unregelmäßig besuchten Büro für die Vorbereitung der anstehenden Präsentation nutzen und Termine und Absprachen per Twitter, Facebook und whatever treffen, die komplette Zusammenarbeit so gestalten, dass persönliches Erscheinen nicht mehr notwendig ist. Digitalisierung macht’s möglich.

So ist dieser Beitrag Teil der Blogparade von XING – spielraum, die sich – genau – dem Thema Arbeitszeit widmet. 

Und in den Organisationen der Sozialwirtschaft?

Die Beschäftigten geraten in diesen Organisationen schon bei dem wenig innovativen Ansatz der „Gleitzeit“ in Bedrängnis.

Während des Studiums und einige Zeit danach habe ich in einer stationären Jugendhilfeeinrichtung gearbeitet. Mit Schichtdienst, festgelegten Weckzeiten für die Jungs, die Arbeit und Ausbildung nicht so wichtig genommen haben, wie die Betreuenden dies gerne gehabt hätten. Mit Nachtdiensten, meist beginnend um 17 Uhr bis um 23 Uhr, dazwischen noch Besprechungen, Termine in unterschiedlichen Einrichtungen wie Jugendämtern, Gerichten, Psychiatrien usw. Zerrissen zwar, aber alles andere als flexibel. Ihr kennt das.

Und nicht nur bei dem aus mehreren Perspektiven extremen Arbeitsfeld der stationären Jugendhilfe tauchen die Probleme auf: Die Kita hat gefälligst morgens um 07.00 Uhr offen zu sein und bitte schön bis mindestens um 17 Uhr! Die Betreuung und Begleitung psychisch Kranker ist im Homeoffice kaum möglich und selbst die Arbeit in der Agentur für Arbeit ist (noch jedenfalls) nur mit persönlicher Anwesenheit zu erledigen – und zwar zu bestimmten Zeiten.

Das ist übrigens ähnlich wie beim Friseur: Homeoffice ist kompliziert und die Digitalisierung ist noch nicht soweit, dass sich Zeit und Ort unabhängig vom Klienten (Kunden, beim Friseur) festlegen lassen. Hintergrund ist das „uno-actu-Prinzip“ oder die Gleichzeitigkeit von Produktion und Konsumtion der jeweiligen Dienstleistung.

Klingt blöd, ist aber nicht zu ändern.

Die damit einhergehenden Arbeitszeitmodelle basieren meist auf festgelegten Dienstplänen. Aus der Nummer kommt man kaum raus. Neue Formen der Zusammenarbeit? Sind damit irgendwie zum Scheitern verurteilt, oder?

Aktuell arbeite ich in einem Gegenteil des Beschriebenen, und zwar ziemlich selbstbestimmt:

Immer wenn ich gefragt werde, wie das denn so mit der Arbeitszeit bei uns aussähe, fange ich an, von so etwas wie Vertrauen, Verantwortung und der von mir so viel beschworenen Selbstbestimmung zu reden.

Da ist was dran: Es gefällt mir, meine Zeiten mehr oder weniger selber gestalten zu können, eben, meine Mails mal abends oder im Zug zu beantworten und dafür den nächsten Tag beim Arzt oder – viel besser – im Café mit nem Espresso zu starten.

Vorteile auf beiden Seiten, Nachteile ebenso

Ja, es gibt klare Vorteile mit Blick auf das selbstbestimmte Handeln und die Festlegung der eigenen Zeit. Die Kids in die Kita und ich selber zum Arzt sind einige dieser Vorteile. Nachteile liegen aber genauso auf der Hand und dürfen nicht übersehen werden: Wann endet meine Arbeitszeit eigentlich? Wann schalte ich mein Telefon ab und lese keine Mails mehr? Wann nehme ich Anrufe entgegen und wann nicht? Wie organisiere ich meine Arbeit? Wo sind die Grenzen? Die Diskussionen über die Nutzung des Smartphones nehmen in meiner Familie kein  Ende.

Und die Vorteile der strikten Regelungen im Bereich Sozialer Organisationen?

Naja, die liegen auf der Hand: Die Grenzen sind klar. Wenn Ende ist, ist Ende. Und dieses Ende wird benötigt, um die oft belastenden, aufreibenden, teilweise frustrierenden Erlebnisse verarbeiten und sich erholen zu können. So jedenfalls die graue Theorie.

Und in der Realität?

In der Realität verschwimmen die Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben auch und zunehmend in Sozialen Organisationen:

Ich gebe meine Nummer einem Jugendlichen, mit den besten Absichten. Und er „mißbraucht“ mein Vertrauen und ruft mich permanent an, schickt Nachrichten usw. Die Mails der Jugendämter wollen gelesen und beantwortet werden. Mit meinem Smartphone kein Problem, schnell mal noch nach der Schicht, passt ja gerade. Beispiele lassen sich hier sicher viele finden und ganz ehrlich: das Thema der Digitalisierung hat gerade erst begonnen, und zwar alles andere als negativ. Ich sehe hier enorme Möglichkeiten.

Aber eben auch die geschilderten Grenzüberschreitungen und Entgrenzungen.

Wann ist Feierabend? Wann habe ich die Möglichkeit dazu, die Menschen aus meinem Kopf zu verbannen? Abzuschalten, wortwörtlich?

In der Realität braucht es Regeln und Grenzen.

Regeln? Und Grenzen? Dieser Satz klingt für mich komisch: Predigen die Verfechter neuer Arbeitsformen nicht das genaue Gegenteil?

Auflösung jeglicher Regelungen und pure Selbstorganisation?

Nein, das tun sie nicht!

Wenn man sich mit Themen wie Demokratisierung und Selbstorganisation in Unternehmen näher beschäftigt, wird deutlich, dass die Regelungen einen großen Teil der Strukturierung der Arbeit einnehmen.

So sind es jedoch nicht die uns bekannten „Spielregeln“, die jemand anderes für uns macht, die wir so auch (spätestens seit dem Schulbesuch) kennen: Chef sagt, wie es zu sein hat, und die Lemminge laufen hinterher, ohne zu hinterfragen, ob das jetzt gut, richtig, sinnvoll, gesund oder zielführend ist.

Regeln zu etablieren bedeutet in neuen Organisationsformen Prozesse der Aushandlung.

Prozesse der Aushandlung klingen wiederum für viele Menschen aus Sozialen Organisationen so, wie man das mal im Studium gemacht hat (Achtung, Klischee): Man sitzt zusammen und diskutiert so lange, bis auch der letzte von dem gefunden Kompromiss nicht mehr überzeugt ist und alle aufgrund der Weichheit des Beschlusses diesem zustimmen können – ändert sich ja sowieso nichts…

Nein, Regeln zu bestimmen, die die Grenzen der Arbeit aufzeigen und die damit der Entgrenzung vorbeugen (ein ganz eigenes Thema übrigens), ist harte Arbeit.

Wie lassen sich aber Regeln so bestimmen, dass sie was bringen?

Ich bin davon überzeugt, dass es zunächst Räumen bedarf, in denen über die Regeln offen und vorbehaltlos diskutiert werden kann. Räume, in denen die Mitarbeitenden auf Augenhöhe darüber sprechen können, nachfühlen können, was die eigene Organisation eigentlich will. Wohin führt unser Weg? Warum tun wir, was wir tun? Was wollen wir mit unserer Arbeit erreichen? Für diese offenen, je nach Unternehmensgröße mit vielen Menschen stattfindenden Runden gibt es schöne Möglichkeiten der Gestaltung, so dass Offenheit nicht in Chaos endet, wie es leider so oft passiert. Ein paar Ansätze finden sich bspw. hier oder hier.

Wenn deutlich wurde, warum etwas getan werden soll, stellt sich die Frage nach dem „Wie“:

Wie sollen wir unsere Arbeit verrichten? Welche Methoden wollen wir anwenden? Welchen Konzepten wollen wir folgen? Ist es bspw. notwendig, dass die Kita bereits um 07.00 Uhr geöffnet ist? Müssen alle Erzieher/innen bei den Elternabenden anwesend sein? Kann man nicht rollierende Systeme etablieren, die Arbeitszeiten der Mitarbeitenden schonen? Können wir nicht viel besser abstimmen, wer wann wie lange arbeiten will? Gibt es nicht Rollen in der Organisation, die andere viel lieber machen als immer alles „gerecht“ zu verteilen? Muss die Leitung der Einrichtung bestimmen, wer wann was tut? Oder geht es nicht auch anders?

Und erst daran anschließend stellt sich die Frage nach dem „Was“: Was sollen wir tun? Was sind die täglich anfallenden Aufgaben? Hier kommt es zu den einzelnen Tagen, den einzelnen Aufgaben, zu dem „Klein-Klein“ des Alltags. Es ist mir wichtig zu erwähnen, dass dieses „Klein-Klein“ alles andere als unwichtig ist. Im Gegenteil, es ist die zu verrichtende Arbeit. Aber – so kommt es mir oft vor – werden die wesentliche Dinge nicht erledigt, bevor das „Klein-Klein“ angegangen wird. Dann redet man nur noch über die Aufgaben, ohne das Große, die Mission, den Sinn oder das Warum in den Mittelpunkt gestellt zu haben.

Dieses „Grobkonzept“ vom Warum über das Wie zum Was ist übrigens nicht auf meinem Mist gewachsen. Ihr könnt Euch hier das in meinen Augen tolle Video von Simon Sinek dazu anschauen.

Und welche Regeln können jetzt genau eingeführt werden?

Das ist wohl die alles entscheidende Frage.

Und meine Antwort fällt für diejenigen, die Antworten erwarten, auf den ersten Blick etwas einfach aus: Es liegt bei Euch persönlich und in Eurer Einrichtung, in Eurer Organisation, miteinander zu bestimmen, wohin es gehen soll, wie Ihr zusammenarbeiten wollt, welche Regeln es für die Zusammenarbeit bei Euch geben soll.

So kann es sein, dass individuelle Regelungen, für jeden anders, dabei herauskommen. Der eine mag es, Abends noch zu arbeiten, dafür den Tag entspannter anzugehen. Der andere braucht von außen vorgegeben feste Zeiten und dazwischen liegen viele Schattierungen.

Die Antwort liegt – wie so oft – bei Euch!

Wichtig ist, die Verantwortung für die Gestaltung der Arbeitszeit nicht mehr bei jemandem anderen zu suchen, sondern: bei Euch selbst. Was tut Dir selbst gut? Wo sind Deine Grenzen, wo beginnt für Dich Entgrenzung? Wie gestaltest Du Deine Arbeitszeit? Diese Selbstverantwortung sollte gerade bei Professionellen der Sozialen Arbeit mehr als ausgeprägt sein.

Stellt also die für Euch richtigen Fragen, vorbehaltlos. Lasst Euch auf neue Wege ein und bestimmt zusammen, wie auch noch so schwierige Themen wie bspw. Arbeitszeiten angegangen werden können.

Manchmal ist es hilfreich, sich für diese Findungs- und Gestaltungsprozesse externe Unterstützung einzuholen. Das lohnt sich mit Blick auf zufriedene MitarbeiterInnen und mit Blick auf die Attraktivität als Arbeitgeber.

Aber bitte: Achtet darauf, dass „vorgefertigte“ Lösungen oder einfache Versprechen für die Gestaltung der Eurer Arbeit wenig wirksam sind.


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9 comments on “Warum die Frage nach der Arbeitszeit in Sozialen Organisationen wichtig ist und wo Ihr Antworten findet

  1. jenniferwarkentin am

    Hallo Hendrik, ich bin über Xing auf deinen Artikel gestoßen und finde es toll, dass du bei allen Vorteilen, diie flexible Arbeitszeiten und Home Office so mit sich bringen, auch den großen Nachteil ansprichst, nämlich die Grenze zu ziehen, wann Schluss ist mit Arbeit und der Feierabend anfängt. Viele Menschen (dazu zähle ich mich auch!) haben Probleme sich klare Grenzen und Regeln zu setzen, wenn sie im Home Office sind oder flexibel arbeiten.
    Ich selbst schildere hier wie ich flexible Arbeitszeiten erlebt habe: https://geistesfindung.wordpress.com/2015/12/05/was-fuer-arbeitszeiten-sind-sinnvoll/ Sicherlich nicht die Mainstream-Meinung und mit der bitteren Erfahrung der jahrelangen Selbstständigkeit geschrieben. Nachteile offen und ehrlich darzulegen finde ich aber genauso wichtig.

    Herzliche Grüße,
    Jenny

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    • Hendrik Epe am

      Hey, danke dir für deine Rückmeldung zum Artikel.

      Ja, ich gebe dir Recht: einerseits mag ich meine Freiheit, andererseits Ehen damit aber auch viele Probleme einher. Wann ist Feierabend, warum können andere ihre Überstunden abbauen, wer hat Vertrauen, wenn man nicht anwesend ist usw. Hart und nicht einfach abzuwägen, was im Endeffekt besser ist.

      Im Bereich der Sozialen Arbeit stellt sich die Frage jedoch noch mal anders: hier ist flexible Arbeit nicht so einfach möglich. Da bin ich gespannt, welche Wege sich schon allein aufgrund des Fachkräftemangels ergeben werden.

      Übrigens: einen schönen Blog hast du da… 😉 was hast du denn vor deiner Anstellung freiberuflich gemacht?

      Hab ein gutes Wochenende und

      Liebe Grüße

      Hendrik

      Antworten
      • jenniferwarkentin am

        Danke für die Blumen.

        Mir ist auch klar, dass die Lage bei dir nochmal anders ist, da es nicht ein typischer Bürojob ist.

        Selbstständig war ich als Sprachtrainerin und Pianistin. Dass Kunden (in deinem Fall wären es Klienten) mich manchmal mit Nachrichten bombardierten, kenne ich auch zu gut.

        Noch einen schönen zweiten Advent, ich bin gespannt auf weitere Beiträge!

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  2. fagussylva am

    Freue mich weiterhin wie Bolle, wenn Du die Warum-Frage einbettest… 🙂
    Also, ich arbeite mit/für psychisch erkrankte Mitbürger bei einem freien Träger der Gemeindepsychiatrie. Dieses vier Tage in der Woche, jeweils 8,5 Stunden am Tag, manchmal mit Rufbereitschaft und Wochenendeinst. In der Woche bin ich zumeist von 9 -17.30 in der Einrichtung oder unterwegs. Weil ich einen langen Arbeitsweg habe, Familie und langsam altere, fällt meistens zeitig „der Hammer“. Wenn gerade Krise ist natürlich nicht. Da die Probleme der Menschen reichhaltig sind, könnte ich auch jeden Abend bis 20.00 Uhr da sein. Manche Klienten glauben auch, dass wir immer oder zumindest einer immer da sind. Manche, zumeist jüngere Kollegen sind auch lange da, bauen Überstunden auf, die sie dann wieder loswerden müssen. Hier braucht es Räume zum Thema Strukturen und Abgrenzung. Ginge dieses nun als „Homeoffice“ ? Ich arbeite relativ zeitautonom und inhaltlich ebenso. Trotzdem brauche ich Teamkolleginnen, insbesondere zur Intervision, aber auch für übergreifende Themen und Arbeiten. Dafür treffe ich mich so 3,5 – 4 Stunden in der Woche. Und dann lebt es noch von den Gespräche, „zwischendurch“. Nun mein „Traum“: Ich arbeite unter Vertrauensarbeitszeit. Diese würde begrenzt durch eine bestimmte Anzahl von KlientInnen und zeitlichen Eckpunkten. Dazu definierte Präsenzzeiten. Dann gäbe es ein Dienstsmartphone und einen Laptop. Dazu eine Simkarte mit Flatetrate und ausreichend Datenmenge. Über die Geräte erreiche ich moderne Kommunikationsstrukturen, wie sie z.B. bei virtuellen Softwareteams verwendet werden. Aufgrund eines guten Wissensmanagements, hätte ich Zugang zu einer spezifischen Wissensdatenbank und einem Expertensystem. „Meine“ KlientInnen treffe ich dann dort, wo es gerade notwendig oder passend ist : Zuhause, bei Ärzten oder Institutionen, beim Bäcker, in der Bücherei, am Telefon, per Skype, auf der Parkbank oder einem Präsenz-Büro. Administrative Arbeiten erledige ich ebenso dort, wo es passt, auch aus einem „Homeoffice“ heraus. Das beinhaltet sicherlich auch eine gute Selbstdisziplin und Selbstsorge, was ja eh Themen sind, wenn man so sein „eigenes“ Werkzeug für die Arbeit ist. Es beinhaltet auch, dass man als Institution Profis einstellt und diese dann auch so behandelt. Das war jetzt ein bisschen mehr als „nur“ zur Arbeitszeit und es gibt da sicher auch noch mehr zu zu denken. Aus meiner Sicht gibt es eigentlich nur Lebenszeit, die wir so oder so miteinander teilen und gestalten. Dieses mit mir selbst, Familie, KollegInnen, Freunden, Fremden, Dingen, der Umwelt und was sonst noch so. Was da zählt ist die Art der Gestaltung, die Qualität der „Zeiträume“ und Beziehungen, der Umgang mit Ressourcen und Materialien. Naja, da wären wir dann wieder bei dem Warum, Was und wie…

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    • Hendrik Epe am

      Hey und sorry für meine verspätete Rückmeldung… Gerade ein wenig viel los insgesamt, dafür wenig mit Selbstbestimmung 😉

      Danke Dir für Deinen Traum! In meinen Augen sind da doch so einige Punkte drin, die wirklich spannend sein könnten. Ich höre die Deutschen jedoch schon wieder aufschreiben mit den Worten „Und was ist mit dem Datenschutz?“

      Grundsätzlich erkenne ich aber in deinen Worten auch die Frage danach, welches grundlegende Menschenbild hinter den Zeitmodellen steht („Profis einstellen und diese auch so behandeln“). Genau! Nicht wie der Esel, der nur mit der Karotte vor der Nase und der Peitsche von hinten läuft. Ich bin auch davon überzeugt, dass sich hier noch einiges am Bild ändern muss. Wieso sollten Menschen einen Beruf ausüben, der gesellschaftlich und monetär nicht besonders auskömmlich ist? Doch vornehmlich weil sie es selbst so gewählt haben, weil sie es selbst so wollen, oder? Und diese Menschen muss ich nicht mit (teilweise absurden) Anwesenheitsregelungen binden.

      Soweit einmal. Freu mich, wieder von Dir zu lesen. Hab es gut!

      Hendrik

      Antworten
  3. Albrecht am

    Manchmal denke ich, selbst bestimmt arbeiten geht nur in einem eigenen Laden. Aber wenn ich überlegt habe einen eigenen Betrieb selbst aufzumachen, weil ich mich über Unfähigkeit der Vorgesetzten aufgeregt habe, dann ist mir auch klar geworden, was das alles für ein Aufwand ist, bis der Laden mal läuft: Konzeptionen schreiben, Räume mieten, investieren, Netzwerk neu aufbauen, Kontakte zu den Ämtern….Irgendwie hört bei dem ganzen Aufwand auch ein bisschen die Selbstbestimmung auf. Und bei uns in der Diakonie hat man zum großen Teil erkannt, dass es notwendig ist, Vertrauen in die Arbeit der Leute zu haben und sie ein ganzes Stück weit selbst machen zu lassen. Das läuft soweit überwiegend gut solange bis der Arbeitgeber pleite ist, weil der Staat nur Standardsozialarbeit finanzieren will. Dann kommt halt doch wieder Druck vom Arbeitgeber…
    Ich glaube, diese Frage des selbst bestimmten Arbeitens stellt sich auch in bestimmten Lebensphasen mehr, in anderen weniger. Wenn man sich entscheidet, ein Kind großzuziehen oder alte Eltern hat, um die man sich manchmal kümmern sollte, dann ist man einfach nicht mehr ganz selbst bestimmt, wenn das Kind schreit und Hunger hat oder wieder Bauchweh. Insgesamt ist das vordenkende Philosophieren über die Zukunft der Arbeit in der Sozialwirtschaft sinnvoll. Aber manchmal ich sie auch ein Luxusproblem!

    Antworten
    • Hendrik Epe am

      Hey Albrecht,

      danke für deinen ausführlichen Kommentar.

      Am Anfang dachte ich, du bist auf dem Weg, deinen eigenen Weg zu finden. UNd dann kippt der Text plötzlich zurück „in die Realität“ 😉

      Du schreibst, dass es ist ein Luxusproblem ist, über die Zukunft der Sozialwirtschaft zu philosophieren?

      Da muss ich dagegen halten: So wie ich die Sozialwirtschaft (sehr sehr pauschal geurteilt) oft erlebe, ist die „Reaktion“ auf bestimmte Wellen oftmals ein Problem. Wir rennen hinter irgendwelchen Konzepten her, wundern uns, dass uns nicht die Anerkennung zuteil wird, die wir uns wünschen und gehen in Arbeit unter, was zu den bekannten Problemen wie Burn-Out etc. führt. In meinen Augen sollten wir beginnen, zu agieren, zu gestalten und selbstbewusst nach vorne zu gehen. Erst wenn wir gelernt haben, dass wir (als Sozialwesen) selbst bestimmen können, können wir selbstbestimmt handeln. Und wenn ich mir jetzt die auf uns zurollenden Herausforderungen anschaue (bspw. Fachkräftemangel, Digitalisierung, Flüchtlinge etc.), dann wird es höchste Zeit, sich über die Zukunft Gedanken zu machen!

      Ich bin überzeugt davon, dass wir die Probleme von heute nicht mit den Lösungen von gestern angehen können. Das machen die Menschen nicht mehr länger mit, insbesondere dann nicht, wenn sie sich aussuchen können, warum, wo, wie und was sie machen wollen.

      Naja, soweit mal.

      Zur Frage der Selbständigkeit nur noch ganz kurz: Selbst und ständig – da gebe ich dir recht – kann keine Lösung sein. Aber auch im Bereich der Sozialen Arbeit sehe ich Möglichkeiten entstehen, „entspannt selbständig“ zu arbeiten. Nur dadurch werden Innovationen geboren, die das System (vielleicht) verändern können.

      So jedenfalls meine Hoffnung…

      Kennst du das Buch „Wir sind das Kapital“ von Gunter Faltin? Spannend zum Thema „anders gründen“…

      Jetzt aber Dir noch ein schönes Wochenende… Und: Kopf hoch 😉

      Hendrik

      Antworten
  4. Lydia am

    Bzgl. Homeoffice ist man als Büromensch tatsächlich privilegiert – das denke ich auch oft… Theoretisch könnte der Frisuer auch bei sich zu Hause Haare schneiden. Alles schon erlebt. 😉 Bei der Kita wird es schwieriger, aber Du hast gute Ansätze genannt. Ich denke, in der Selbstorganisation liegt eine große Chance.

    Antworten
    • Hendrik Epe am

      Da denke ich schon allein an meine Tante (beim Friseur von zuhause meine ich – hoffentlich liest das Finanzamt nicht mit…)

      Aber in den Organisationen der Sozialwirtschaft stellt sich das Problem tatsächlich ganz anders, was wiederum Auswirkungen auf die Attraktivität als Arbeitgeber hat…

      Schwierig, aber ich denke, dass bessere, offenere Absprachen wirklich eine Lösung sein könnten…

      LG

      Hendrik

      P.S.: Und Tatort schauen kann man auch meistens 😉 Schöner, leider wahrer Artikel von Dir…

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