Zwischenruf! Warum wir dringend ein neues Management in sozialen Organisationen brauchen!

Inhalt:

Ich bin gestern über einen enorm spannenden Artikel im Blog  „www.nonprofits-vernetzt.de“ gestolpert. In diesem Blog schreibt Dr. Brigitte Reiser zu den Themen Partizipation, Vernetzung, soziale Medien und dem demographischer Wandel mit einem klaren Fokus auf den Dritten Sektor.

Hiermit für Euch also eine klare Leseempfehlung. 

Jetzt aber zum Beitrag:

Third Sector Impact

Der Beitrag beschreibt die Ergebnisse des europäischen Forschungsprojekts „Third Sector Impact“ und verweist insbesondere auf die Probleme und Herausforderungen des Dritten Sektors in Europa.

Ich will hier nicht wiedergeben, was Frau Reiser bereits beschrieben hat, dass kannst Du selbst nachlesen. Ich will aber einen Punkt kurz herausgreifen.

Down by Bureaucratization

Eine der Herausforderungen wird als „Down by Bureaucratization“ bezeichnet:

„So nennen die Forscher jenen Zwang zur Rechenschaftspflicht und zum permanenten Leistungsnachweis, dem die Organisationen immer stärker ausgesetzt sind, sowohl gegenüber dem Staat als auch gegenüber privaten Spendern (statt „trust me“ – „prove me“). Speziell der Staat hat sein Verhältnis zur Sozialwirtschaft verändert,  – die Beziehung wurde vermarktlicht: die öffentliche Hand sieht sich als Einkäufer sozialer Dienstleistungen. Die Leistungsverträge, die die öffentliche Hand vergibt, diktiert sie auch selbst“

Gerade mit Blick auf mein Thema hier im Blog – ein anderes, vielleicht nenne ich es mal  (neudeutsch)„human centered social management“ – ist das enorm relevant.

Zwang zur Rechenschaftspflicht

Der Zwang zur Rechenschaftspflicht, die permanenten Leistungsnachweise sind aus einer traditionellen, technokratischen Sichtweise von Management und Unternehmensführung vollkommen nachvollziehbar. Da gibt es eine enorm große Branche in Europa, die irgendwie eine Menge Geld „verschlingt“ und die doch irgendwie „kontrolliert“ werden muss.

Die ticken doch nicht ganz richtig!?

Aber, und das macht es so schwierig: Unsere Branche, der dritte Sektor, die sozialen Organisationen, ticken oftmals ganz anders. Die Branche beschäftigt sich mit irgendwelchen „menschlichen und sozialen Problemen“ und der Branche fällt es schwer, ihre Leistungen anhand der gängigen, in anderen Branchen (in meinen Augen auch nicht) funktionierenden Controlling-Instrumenten nachzuweisen.

Wenn – Dann? Geht nicht!

Die kausalen Zusammenhänge zwischen investiertem Geld und erzieltem Ergebnis sind nicht so einfach darzulegen, wie dies von mir aus bei der Schraubenproduktion der Fall ist.

Was ist Qualität sozialer Arbeit? Welchen Einfluss haben die sozialarbeiterischen Interventionen auf den Lebensweg von Menschen? Diese und viele weitere Fragen sind nicht einfach zu beantworten.

Das ist auch der Grund, warum ich Forschung in unserem Bereich als enorm wichtig erachte. Gleichzeitig ist es aber auch so, dass wir akzeptieren müssen, dass der „Impact“ trotz aller Forschung und aller Instrumente zur Wirkungsmessung sehr wahrscheinlich niemals „vollständig“ gemessen werden kann.

Eigene berufliche Identität

Das Akzeptieren dieses Umstands würde uns in die Lage versetzen, die in unserem Bereich gegebene Komplexität hinzunehmen und darauf basierend eine eigene, zukunftsfähige berufliche Identität zu entwickeln, die gerade auf der Kompetenz basiert, mit enormen Widersprüchen umzugehen: Ambiguitätstoleranz!

Und die Organisationen der Sozialwirtschaft?

Kurz noch zu den Organisationen im Dritten Sektor:

Hier besteht meine Befürchtung, dass sich die in der Studie geschilderten und bei Frau Reiser beschriebenen Herausforderungen nur schleichend zeigen.

Als ein konkretes Beispiel für diese Entwicklung lässt sich die Entwicklung der Freiburger Quartiersarbeit anführen. Hier kannst Du mehr dazu nachlesen.

Klar ist aber, dass es keinen radikalen Einschnitt geben wird, der alle Organisationen auf einmal dahin führt, mit den bisherigen Praktiken aufzuhören und von heute auf morgen den negativen Entwicklungen etwas entgegenzusetzen.

Hier bedarf es kontinuierlicher Entwicklungen der Organisationen hin zu einem neuen Management, hin zu neuen Führungs- und Organisationsstrukturen, -praktiken und -prozessen.

Experimente machen!

Hier bedarf es immer wieder neuer Experimente, wie man mit den Herausforderungen in seiner eigenen Organisation umgehen kann. Experimentieren bedeutet, dass diese auch scheitern können. Das gehört dazu. Scheitern ist aber immer noch besser, als – wie das Kaninchen vor der Schlange – nichts zu tun und abzuwarten, wer den Weg von außen vorgibt.

Eine Renaissance?

Abschließend noch einmal Frau Reiser:

„Den Forschern zufolge gibt es für die Zukunft zwei mögliche Szenarien:

Entweder der Sektor vermarktlicht noch mehr und hört irgendwann auf, ein eigenständiger „Dritter Sektor“ neben Markt und Staat zu sein. Oder es gibt eine Renaissance des Dritten Sektors und seiner Visionen. Dies würde aber voraussetzen, dass einerseits Politik und Staat diese Renaissance wollen und unterstützen und andererseits auch die Verantwortlichen im Dritten Sektor Konzepte für diesen Weg entwickeln.“

Lasst uns also diese Renaissance zusammen verwirklichen !

Wie das gelingen kann? Ein möglicher Ansatz ist sicherlich die Arbeit an neuen Strukturen, Prozessen, Vorgehensweisen in sozialen Organisationen. Agiles Sozialmanagement, von mir aus…

 

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3 comments on “Zwischenruf! Warum wir dringend ein neues Management in sozialen Organisationen brauchen!

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