9 Thesen für organisationale Digitalkompetenz sozialer Organisationen

Der Beitrag greift die Frage auf, wie Organisationen der Sozialwirtschaft gestaltet sein müssen, damit diese den durch die Digitalisierung hervorgerufenen Auswirkungen zunehmend besser gerecht werden können. Es geht damit um organisationale Digitalkompetenz, also die Fähigkeit sozialer Organisationen, auf die Herausforderungen der digitalen Transformation angemessen reagieren zu können.
Organisationale Digitalkompetenz

Inhalt:

Organisationale Digitalkompetenz? What??? Kompetenz bei Menschen, OK, das ist einfach. Aber organisationale Kompetenz? Und dann noch irgendwas mit Digital? Die dahinterstehende Fragestellung ist aber eigentlich ganz einfach:

Wie müssen Organisationen der Sozialwirtschaft gestaltet sein, damit diese den durch die Digitalisierung hervorgerufenen Auswirkungen zunehmend besser gerecht werden können?

Dazu finden Sie hier ein paar Gedanken. 

Von der Innovations- zur organisationalen Digitalkompetenz

Vor einer in Digitalzeit Ewigkeit habe ich einmal eine Master-Thesis zum Thema „Innovation in Organisationen der Sozialwirtschaft“ geschrieben. Diese Ewigkeit ist ein Jahr alt, somit würde ich fast behaupten, dass die Ergebnisse der Arbeit noch aktuell sind.

Konkret ging es darum, wie es auch „etablierten Organisationen der Sozialwirtschaft möglich wird, ihre Innovationsfähigkeit zu steigern“ – es ging also um Innovationskompetenz.

Unter dem Fokus der Blogparade der Caritas zum Thema „Nonprofits im Social Web: Wen erreichen wir und zu welchem Preis?“ habe ich die Arbeit mal wieder hervorgekramt, den Staub abgewischt und mir die Ergebnisse noch einmal selbst vor Augen geführt.

Verbindung zwischen Innovation und dem Social Web

Und ich habe festgestellt, dass meine damaligen Thesen und die oben genannte Fragestellung zur organisationalen Digitalkompetenz gar nicht weit voneinander entfernt sind.

Du findest im Folgenden also die kumulierten Ergebnisse meiner Arbeit, jedoch angepasst, gekürzt und ausgeweitet auf die Fragestellung einer „organisationalen DIGITALkompetenz“.

9 Thesen zur Steigerung der organisationalen Digitalkompetenz

Ohne den theoretischen Überbau hier im Detail zu wiederholen, ist es relevant, dass ich meine Ausführungen am St. Galler Management Modell orientiert habe. Falls Dich das Modell näher interessiert, schau doch mal hier.

Ich habe – als Fazit meiner Masterarbeit – neun Thesen zur Steigerung der Innovationsfähigkeit formuliert, die ich jetzt noch einmal neu unter dem Fokus „organisationale Digitalkompetenz“ betrachte.

These 1: Organisationen der Sozialwirtschaft sind als komplexe soziale Systeme zu verstehen.

Verbunden mit einem Verständnis von Organisationen als komplexen sozialen Systemen ist die Ablösung von an Ziel-, Zweck- und Mittelrelationen gebundener Denkweisen durch eine Denkweise von Organisationen, die selbstorganisiert Ordnung schaffen. Die kausale, plandeterministische Steuerung der Organisationen führt nicht zu den gewünschten Ergebnissen und ist insbesondere bei Prozessen des organisationalen Lernens und damit auch Innovation begrenzend.

Vielmehr sind Möglichkeiten zu schaffen, die zur Weiterentwicklung der Organisation beitragen. Dabei erscheinen Konzepte zur Selbstorganisation als Möglichkeit zur „Steuerung des Nicht-Steuerbaren“ zielführend.

Unter dem Fokus „Social Web“ und dem Überthema „Digitalisierung“ gewinnt diese These an Bedeutung: Aufgrund der Digitalisierung nimmt die sowieso schon enorme Komplexität von Organisationen der Sozialwirtschaft weiter zu. Hierauf mit „Steuerung“ reagieren zu wollen, geht nach hinten los und ist – kurz gesagt – sinnlos.

These 2: Organisationen der Sozialwirtschaft müssen die Kommunikationen mit den für sie relevanten Umweltsphären ebenso wie mit ihren internen wie externen Anspruchsgruppen so gestalten, dass irritationsrelevante Informationen nutzbar gemacht werden können.

Das ist mit Blick auf die Aktivitäten von Organisationen der Sozialwirtschaft im Social Web wohl als so etwas wie der Kern zu betrachten. Mit der These geht die Öffnung der Organisationen für die sie betreffenden Informationen einher.

Bedeutsam dabei ist, dass das permanente „Informationsrauschen“ einerseits hinsichtlich der für die Organisation relevanten Informationen gefiltert werden muss: Welche Informationen sind überhaupt wichtig für uns? Andererseits müssen die relevanten Informationen bezogen auf ihr Irritationspotential und damit ihr Potential für die Entwicklung von Innovationen analysiert werden: Aus welchen Informationen lassen sich Entwicklungen der Organisation anstoßen?

Konkret lassen sich bspw. über die zielführende und professionelle Nutzung sozialer Medien offene und ehrliche Kommunikationen mit internen ebenso wie mit externen Anspruchsgruppen gestalten. Gleichzeitig öffnet sich die Organisation gegenüber relevanten Umwelten.

These 3: Organisationen der Sozialwirtschaft müssen ihren Finanzierungsmix so ausgestalten, dass „Slack Resources“ und Anreize für Mitarbeiter und Teams, die sich im Social Web bewegen wollen, bereitgestellt werden können.

Kurz zusammengefasst ist es relevant, dass Organisationen der Sozialwirtschaft, wenn sie denn im Social Web nicht nur Gehör finden wollen, sondern die Aktivitäten tatsächlich zu Entwicklung der Organisation nutzen wollen, eine professionelle Strategie diesbezüglich entwickeln müssen.

Es bedarf Ressourcen für die Arbeit im Social Web, die über neue Wege in der Finanzierung von Organisationen der Sozialwirtschaft gewonnen werden können. Ein Weg in diesem Zusammenhang ist bspw. der verstärkte Ausbau von Kooperationen zwischen Organisationen der Sozialwirtschaft und erwerbswirtschaftlichen Organisationen.

Darüber hinaus sollten Mitarbeitenden, die an der Arbeit im Social Web interessiert sind, Möglichkeiten eröffnet werden, die Umsetzung ihrer Ideen in einem geschützten Rahmen zu erproben. Konkret denkbar ist die Bildung intra- sowie interorganisationaler Netzwerke mit einem expliziten Bezug zur digitalen Kommunikation.

In diesem Zusammenhang sind Kooperationen zwischen Organisationen der Sozialwirtschaft untereinander sowie mit erwerbswirtschaftlichen Organisationen zur Nutzung von Ressourcen (bspw. Räumlichkeiten) denkbar.

These 4: Organisationen der Sozialwirtschaft müssen bei der Ausrichtung auf Aktivitäten im Social Web darauf achten, die Organisation selbst, die Nutzer der Leistungen der Organisation sowie die Leistungsträger zu berücksichtigen.

Dies bedeutet: wenn Organisationen der Sozialwirtschaft im Social Web aktiv werden wollen, müssen die Bedingungen berücksichtigt werden, in denen die Organisation agiert.

Für Organisationen der Sozialwirtschaft ist es jedoch bedeutsam, nicht einzig die Ausrichtung auf die Nutzer sozialer Dienstleistungen zu legen, sondern gleichzeitig die Leistungsträger zu berücksichtigen. Angesprochen sind damit das Leistungsdreieck der Sozialwirtschaft und die damit einhergehende Komplexität sowie das Organisationsbewusstsein der in den Organisationen agierenden Menschen (vgl. auch These 09).

These 5: Organisationen der Sozialwirtschaft müssen eine „Social Web Strategie“ zur Arbeit im Social Web als Teil der Organisationsstrategie erarbeiten.

Organisationsstrategien von Organisationen der Sozialwirtschaft sind vornehmlich normativ-ethisch ausgerichtet. Zur Ermöglichung der Arbeit im Social Web ist es notwendig, diese Arbeit als Teil der Organisationsstrategie zu verankern, wodurch die verfügbaren Ressourcen der Organisation im Hinblick auf die Gestaltung ihrer Aktivitäten integriert werden können.

Eine diesbezügliche Strategie fördert zusätzlich ein „Bewusstsein“ für die Chancen und Möglichkeiten, aber auch die Risiken und Grenzen der Arbeit im Social Web auf allen Ebenen der Organisation. Damit bekommt die „Social Web Strategie“ einen Einfluss auf die Kultur der Organisation.

These 6: Organisationen der Sozialwirtschaft müssen ihre Strukturen so gestalten, dass die gesetzlichen sowie trägerspezifischen Anforderungen erfüllt werden. Gleichzeitig sind die Strukturen hinsichtlich ihrer Existenzberechtigung zu überprüfen.

Innovationsfähige Organisationen verfügen über möglichst wenige strukturelle Festlegungen. Insbesondere sind flache Hierarchien, kurze Kommunikationswege oder geringe prozessuale Regelungen zu nennen.

Dadurch wird es innovationsorientierten Mitarbeitern ermöglicht, ihr unternehmerisches Potential im Sinne des „Intrapreneurships“ auszuloten und neue Wege auch in der Arbeit im Social Web zu gehen, die aufgrund struktureller Festlegungen und unternehmensinterne Regeln nicht erreichbar wären. Für Organisationen der Sozialwirtschaft ist jedoch zu beachten, dass nicht nur organisationsspezifische Anforderungen zu erfüllen sind, sondern darüber hinaus gesetzliche sowie trägerspezifische Anforderungen berücksichtigt werden müssen.

Kurz: Die Strukturen der Organisation sind auf ihre Existenzberechtigung im Hinblick auf die Arbeit in den Sozialen Medien zu prüfen und sofern sie keinen Nutzen für die Organisation insgesamt erfüllen, abzuschaffen.

These 7: Organisationen der Sozialwirtschaft müssen Bedingungen schaffen, die die Ausbildung einer „Digitalkultur“ ermöglichen.

Die These steht in enger Verbindung zur vorhergehenden These, da Organisationskulturen nur durch die Veränderung der Organisationsstruktur sowie der Organisationsstrategie beeinflusst, jedoch nicht direkt gestaltet werden können.

Nur durch die Mitarbeitenden, durch Verhaltenssteuerung über Vorbildwirkung, durch vermehrte Sinnstiftung sowie durch das Durchbrechen von Routinen und sinnentleerten Ritualen wird es möglich, eine Kultur zu schaffen, die orientiert an der Arbeit auch im Internet ist.

Durch das Bereitstellen von „Experimentierräumen“ für innovationsorientierte Mitarbeitende kann eine positive Fehlerkultur ermöglicht werden, die Fehler als Möglichkeit und Chance organisationalen Lernens begreift. Und Fehler werden auch in der Kommunikation im Social Web passieren.

These 8: Organisationen der Sozialwirtschaft müssen sich selbst in den Fokus von Innovation stellen und dabei die Komplexität von Innovation und die mit Innovationen einhergehenden Risiken einschätzen können.

Das klingt zunächst etwas komisch: Sich selbst in den Fokus von Innovation stellen?

Übergreifend sind damit die Entwicklungsmodi der Organisation angesprochen. Entwicklungsmodi beziehen sich im St. Galler Management Modell auf die Weiterentwicklung der Organisation, also direkt auf Innovation.

Zu diesem Bereich gehören Reflexionen über den Unternehmenszweck, die Prozessarchitektur, Prozessmuster oder auch über die Formen der Führung und Zusammenarbeit und damit das Management von Organisationen der Sozialwirtschaft sowie über die Anspruchsgruppen/Interaktionsthemen im Hinblick auf Weiterentwicklung der Organisation insgesamt.

Ein Thema ist hier die bspw. die Management-Innovation, die ich in einem vorherigen Beitrag bereits einmal angesprochen habe. Mit Blick auf Organisationen der Sozialwirtschaft im Social Web stellt sich aber bspw. die Frage, ob sich nicht durch die Arbeit in Sozialen Netzwerken auch neue Entwicklungsmöglichkeiten für die Organisation insgesamt, also für das Geschäftsmodell der Organisationen ergeben können.

Als einfaches Beispiel denkbar ist bspw. die Ausweitung der Jugendberatung auf Online-Beratung. Denkbar ist aber auch, sich bspw. über einen Blog Expertenstatus zu einem bestimmten Thema zu erarbeiten und „als Organisation“ von anderen Organisationen angefragt zu werden. Es sind hier keine Grenzen gesetzt.

These 9: In der Ausbildung für Berufe in Organisationen der Sozialwirtschaft muss Digitalisierung berücksichtigt werden.

Diese übergreifende These fokussiert die Ausbildung eines Bewusstseins für die sich durch die Digitalisierung ergebenden Veränderungen, das nicht erst (wenn überhaupt) bspw. in Master-Studiengängen des Sozialmanagements stattfinden sollte, sondern aufgrund der hohen Relevanz der Digitalisierung  in der Sozialen Arbeit bereits in den grundständigen Ausbildungen (bspw. als Querschnittsthema in Bachelor-Studiengängen) thematisiert werden sollte.

Fazit: Was kostet organisationale Digitalkompetenz

Erstmal hat Sie der Beitrag zur organisationalen Digitalkompetenz ganz schön viel Ihrer Zeit gekostet.

Aber:

[Tweet „Organisationale Digitalkompetenz ist möglich.“]

Auch und gerade für Organisationen der Sozialwirtschaft ist dies aus meiner Perspektive jedoch nicht nur möglich, sondern notwendig, da sich Organisationen der Sozialwirtschaft immer in Kontakt zu unterschiedlichen Stakeholdern befinden und mit diesen kommunizieren müssen.

Klar ist aber auch, dass der Preis für eine gelingende Kommunikation nicht ganz gering ist.

Damit meine ich noch nicht einmal die finanziellen Kosten. Die gibt es auch, sind aber in meinen Augen beinahe zu vernachlässigen.

Organisationale Digitalkompetenz geht – wie so vieles in der Frage der zeitgemäßen Organisationsgestaltung von Organisationen der Sozialwirtschaft – an deren Kern:

Gelingende organisationale Digitalkompetenz setzt voraus, dass formal-hierarchische Strukturen aufgebrochen werden. Freiheit und Vertrauen in die Mitarbeiter*innen muss ein wesentlicher Wert der Zusammenarbeit werden. Es braucht die Eigenverantwortung, um gute soziale Arbeit zu leisten. Die Komplexität in den Organisationen ist anzunehmen. Versuche, Komplexität zu verringern, sind sinnlos. Das kostet vor allem Vertrauen und Mut:

Den Mut, neue Wege erfolgreich gehen zu wollen.


Zum weiterlesen: 

Hier ein Beitrag zum Thema „Wie entwickle ich eine Digitalstrategie für mein Unternehmen?“. Zwar nicht spezifisch für soziale Organisationen und etwas übergreifend, aber als Einstieg ganz nett. Und übergreifend zum Thema „Strategieentwicklung“ empfehle ich den Beitrag „Was ist eine gute Strategie“ von Mark Poppenburg.

Branchenspezifisch, also für Organisationen der Sozialwirtschaft, findet sich leider noch wenig (eine Lücke?). Empfehlenswert als Überblick ist in meinen Augen das Buch „Gestaltung des Sozial- und Gesundheitswesens im Zeitalter von Digitalisierung und technischer Assistenz“, zu dem Du hier meine Rezension findest.


 

Du hast Lust, mit mir zu arbeiten?

Ich begleite Menschen, Teams und Organisationen in Veränderungsprozessen mit dem Ziel, soziale Organisationen als Vorreiter der gesellschaftlichen Transformation mitzugestalten. So bin ich davon überzeugt, dass gerade soziale Organisationen die Fähigkeit zur Anpassung an und Gestaltung der Zukunft und damit auch organisationale Digitalkompetenz in ihrer DNA tragen – insbesondere die Fähigkeit zur Selbstorganisation, Sinnstiftung, Innovation und dem ganzheitlichen Einbezug der Kompetenzen aller Beteiligten. Hier kannst Du direkt Kontakt aufnehmen.

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7 comments on “9 Thesen für organisationale Digitalkompetenz sozialer Organisationen

  1. Hartmut Kopf am

    Sehr inspirierend, die 9 Thesen. Inspirierend deshalb, weil hier Innovationskompetenz mit Digitalsierungskompetenz zusammengedacht und zusammengebracht wird. Aus aktuellem Anlass eine These aus einem gerade entstehenden Buchbeitrag von mir dazu: Entscheidend für eine gelingende Transformation ins digitale Zeitalter wird der notwendige Kulturwandel in der Sozialwirtschaft sein. Und da steht ihr nicht selten die eigene (erfolgreiche) Geschichte im Weg. Was meine ich damit?

    Die deutsche Sozialwirtschaft schaut auf eine lange Tradition gemeinnützigen Handelns zurück. Ihre Kontinuität gibt der Sozialwirtschaft Stabilität und macht sie seit über 150 Jahren zum verlässlichen Anker der Fürsorge in unserer Gesellschaft. Vier wesentliche Pfeiler sichern der Sozialwirtschaft ihren Platz inmitten der Gesellschaft: der gemeinnützige Auftrag, die sozialstaatlich fundierten Geschäftsmodelle, robuste interne Strukturen, die gemeinschaftliches Handeln ermöglichen und vor allem die engagiert in ihnen wirkende Personen.

    Die Digitalisierung zeigt sich im Gegensatz zur Sozialwirtschaft aber disruptiv. Sie schreitet nicht schrittweise und linear voran, sie geht aus schwer zu prognostizierenden technologischen Innovationen hervor und betrifft innerhalb kurzer Zeiträume nahezu jeden Gesellschaftsbereich und dort so gut wie jedes Individuum. Sie löst damit teils radikale und weitreichende Änderungen sozialer Praktiken aus. Sie ist rasant, radikal und rigoros: Die Einführung des Smartphones vor erst zehn Jahren und seine Allgegenwärtigkeit im Jahr 2017 sind der signifikanteste Indikator für disruptive soziale Innovationen wie beispielsweise dessen rasant steigender Einsatz in der Kommunikation mit internen und externen Anspruchsgruppen.

    Damit trifft eine auf Verlässlichkeit und Kontinuität ausgerichtete Sozialwirtschaft auf eine auf Erneuerung und schnellen Wandel ausgerichtete Digitalisierung. Wir erleben einen grundlegenden gesellschaftlichen Wandel, den die Digitalisierung auslöst und der die Grundfesten der Sozialwirtschaft bedroht. Bisherige Stärken der Sozialwirtschaft werden zum Problem. In Zeiten der Digitalisierung zählen Flexibilität und Veränderungswille mehr als Tradition und Verlässlichkeit.

    Das verlangt neue Strategien mit kürzeren Innovations-Zyklen, Offenheit für neue Geschäftsmodelle und die Bereitschaft, auch disruptiven und radikalen Innovationen Raum zu bieten. Besonders bei disruptiven Innovationen ist die Gefahr des Scheiterns nachweisbar hoch. Neun von zehn Start-Ups scheitern, nur eine von zehn unternehmerischen Ideen führt auch zu nachhaltigem unternehmerischem Erfolg. Dies gilt auch für Social Start-Ups aus der in Deutschland stark wachsenden und sich gerade auch verbandlich organisierenden Social-Entrepreneurship-Szene (http://socentnet.de/). „Scheitern als Regelfall“ stellt die bisherige, extrem Risiko-averse Kultur etablierter sozialer Organisationen extrem in Frage.

    Um den Herausforderungen der Digitalisierung zu begegnen, müssen Führungskräfte nicht nur in der Sozialwirtschaft den unternehmerischen Mut zum Kulturwandel entwickeln und neue Wege der unternehmerischen Entwicklung, Implementierung und vor allem Risiko-Finanzierung von Innovationen finden. Da die Sozialwirtschaft aus ihrer sozialstaatlichen Finanzierungsabhängigkeit heraus eher wert-konservativ agiert, ist dies gerade für Führungskräfte der Sozialwirtschaft eine besondere Anforderung. „Anstatt mehr über Unternehmer-Risiken nachzudenken, liefern wir uns eher Nachweis-Orgien“ (Herbert Mauel, Geschäftsführer des Bundesverbandes privater Anbieter sozialer Dienste e.V. bei seinem Vortrag „Pflegesatzkalkulation neu gedacht – Auswirkungen des PSG III auf die Pflegesatzverhandlungen“ auf der DATEV-Fachtagung „Beratung sozialer Einrichtungen“ am 11. Juli 2017 in Berlin)

    Führungskräfte allein werden den Wandel jedoch nicht meistern. Eine erfolgreiche digitale Transformation steht und fällt mit dem Entwickeln und Vorhandensein digital kompetenter Mitarbeitenden, die alle gemeinsam an einer digital-agilen Unternehmenskultur mitarbeiten. Diese wiederum wird die bisher eher starren vertikalen Organisationstrukturen weiterentwickeln in flexiblere horizontale Netzwerke – ohne dabei ganz auf notwendige neue Strukturen verzichten zu können.

    Insofern bin ich jetzt dann wieder ganz bei Ihren 9 Thesen für eine organisationale Digitalkompetenz, lieber Herr Epe!

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