Die Risiken des Wandels der Arbeitswelt für Organisationen der Sozialwirtschaft

Die Risiken des Wandels der Arbeitswelt

Inhalt:

Arbeit 4.0, Wandel der Arbeitswelt, New Work – alles Begriffe, die aktuell zunehmend Raum greifen und auch für Soziale Organisationen immer relevanter werden. Wo aber liegen die Risiken des Wandels der Arbeitswelt für Organisationen der Sozialwirtschaft? Was wäre, wenn alles doch nicht so optimistisch läuft, wie ich mir das manchmal so denke?

Hier ein paar Punkte:

  • Leere Kassen?
  • Noch mehr befristete Verträge, wenn überhaupt?
  • Arbeitsnomaden in der Sozialwirtschaft?
  • Qualitätsverfall?
  • Jobverlust durch Roboter?
  • Und alles nur noch digital?

Etwas dystopisch, vielleicht, aber die Frage ist berechtigt: Welche Risiken birgt der Wandel der Arbeitswelt für Organisationen der Sozialwirtschaft?

Megatrends

Das Deutsche Zukunftsinstitut hat auf seiner Homepage eine Übersicht über die Megatrends der Zukunft veröffentlicht. Neben anderen ist dabei auch „New Work“ als ein Megatrend ausgemacht worden:

„Unsere Gesellschaft befindet sich im Wandel von der Industrie- zur Wissensgesellschaft. Dementsprechend verändern sich auch Unternehmensstrukturen und Arbeitsräume: Die Grenzen zwischen Berufs-und Privatleben verschwimmen, und als Kreativarbeiter werden wir zunehmend selbstständig, auch wenn wir fest angestellt sind“.

Was heißt das konkret?

Sicher ist:

  • Die Welt wird zunehmend komplexer. Damit sind auch Organisationen gefordert, mit dieser Komplexität umzugehen. Bislang war es oft so, dass vieles relativ gut vorhersehbar war. Die Organisationen konnten sich darauf einstellen und entsprechend agieren. Das hat sich geändert, vor allem durch Möglichkeiten der Digitalisierung. Es entwickeln sich in enormer Geschwindigkeit neue Geschäftsmodelle, die ganze Branchen zum Wanken bringen. Zu erinnern sei hier bspw. an Apples iTunes, das die Musikindustrie vor völlig neue Herausforderungen gestellt hat. Auch Geschäftsmodelle wie Uber oder AirBnB veränderten in unvorhersehbarer Geschwindigkeit bisher als sicher geglaubte Branchen. Passiert das Gleiche auch in der Sozialwirtschaft? Oft angeführt ist die Plattform www.betreut.de nur ein Beispiel.
  • Neue Generationen bringen neue Werte mit in die Arbeitswelt. Auch wenn es verschiedene, sich oft widersprechende Studien dazu gibt, lässt sich doch festhalten, dass der Tausch „Zeit gegen Geld“ nicht mehr die einzige Priorität dieser Generationen zu sein scheint. Vielmehr geht es darum, in der Arbeit einen über die monetäre Entlohnung hinausgehenden Sinn zu sehen. Das kann – wenn es denn richtig angegangen wird – eine große Chance sein für die Organisationen der Sozialwirtschaft.
  • Neben neuen Gernerationen werden aber noch andere Generationen in den Organisationen zusammenarbeiten müssen. Das diesbezügliche Stichwort lautet Generationenmanagement, auch wenn der Begriff etwas sperrig ist. Wie kann es gelingen, die verschiedenen Generationen so zusammenzuführen, dass keine Reibungsverluste entstehen sondern vielmehr von der Diversität profitiert werden kann?
  • Die Veränderung der Arbeitswelt wird weiter vorangetrieben durch die Digitalisierung verschiedenster Bereiche der Gesellschaft. Hier ist fraglich, inwieweit die Sozialwirtschaft in diese Prozesse eingebunden ist, diese (hoffentlich) zu ihren Gunsten mitgestaltet oder – was zu befürchten ist – von der Digitalisierung überrollt wird.
  • Ebenfalls den Wandel der Arbeitswelt vorantreibend ist die Globalisierung. Günstige Arbeit in anderen Teilen der Welt, die weltweite, kostenlose Weitergabe von Informationen, Wanderungsbewegungen, Flüchtlingsproblematiken etc. sind Themen, mit denen sich auch die Sozialwirtschaft beschäftigen muss.
  • Spannend für unseren Bereich finde ich, dass neben dem hier beschriebenen Trend des Wandels der Arbeitswelt parallel auch ein „female shift“ stattfindet. Gemeint ist damit, dass Frauen in einer anderen Art und Weise als bislang in wirtschaftliche Prozesse eingebunden werden, als dies bislang der Fall war. So haben Mädchen schon jetzt bessere Schulnoten und sind besser ausgebildet als Jungs im gleichen Alter. Wird die Soziale Arbeit, die traditionell als Frauenberuf gilt, weiterhin attraktiv genug sein, um weiterhin die gut und besser ausgebildeten Frauen anzuziehen? Und wie sieht es mit der Arbeit mit männlichem Klientel aus, dass schon jetzt und zukünftig verstärkt immer problematischer werden wird?

Die Aufzählung ist nicht abschließend oder umfassend. Vielmehr weird deutlich, dass da etwas auf soziale Organisationen zurollt (oder vielmehr schon längst da ist…).

Zusammenfassend: Es ist davon auszugehen, dass auch die Sozialwirtschaft von diesem Trend nicht verschont werden wird.

Verschonung

Verschont werden?

Wie alles hat auch dieser Trend zumindest zwei, wenn nicht sogar noch viel mehr Seiten. In meinen vorherigen Beiträgen habe ich vornehmlich die positive Seite der Veränderungen dargestellt.

Die dabei leitende Fragestellung war, welche Chancen sich aus der Veränderung für die Sozialwirtschaft ergeben können.

Wenn man den Trend der Veränderung der Arbeitswelt jedoch aus einer eher negativen Sichtweise betrachtet, kommen Risiken in den Blick, die ich mit dem Beitrag, der Teil der Blogparade von Guido Bosbach zur New Work ist, beleuchten will.

Meine Motivation dabei ist auch hier wiederum eher eine Positive:

Wenn man die Risiken zumindest erahnen kann, lassen sich die Entwicklungen besser, positiver, steuern.

Risiken

Welche Risiken für die Sozialwirtschaft werden also mit der Veränderung der Arbeitswelt einhergehen?

1. Die Ausbildung für Soziale Arbeit ist nicht zeitgemäß

Dies ist eine sehr provokante Aussage.

Aber – und das schreibe ich aus der Perspektive der langjährigen Beschäftigung mit Fragen der Ausbildung in der Sozialwirtschaft – sehe ich, dass die im Bereich der Sozialwirtschaft angebotenen Studiengänge keine wirkliche Weiterentwicklung erfahren.

Als einschneidende Veränderung der letzten Jahre ist die Umstellung der Ausbildung auf das Bachelor- und Master-System zu nennen, der sogenannte Bologna-Prozess. Aus diesem heraus haben sich – formal betrachtet enorme Möglichkeiten für die Sozialwirtschaft ergeben. Um nur einen Vorteil zu nennen, war es vor Bologna kaum möglich, mit einer grundständigen sozialarbeiterischen Ausbildung ein Promotionsstudium zu beginnen und damit eine wissenschaftliche Laufbahn einzuschlagen. Das hat sich mit der Möglichkeit, Master-Studiengänge zu absolvieren, grundlegend geändert. Meine Hoffnung ist, dass mit einer neuen Generation von Lehrenden an den Hochschulen auch ein neuer Wind in die Ausbildung der Sozialen Arbeit strömt.

Der alte, aktuell oft immer noch vorherrschende Wind bezieht sich vornehmlich auf die Durchsetzung von disziplinspezifischen Interessen. Das heißt konkret, dass die Psychologen immer noch ihre Psychologie, die Soziologen immer noch ihre Soziologie, die Juristen immer noch ihre Rechtswissenschaft usw. als das Non-Plus-Ultra in einem Studiengang der Sozialen Arbeit ansehen. In vielen Studiengängen fehlt mir immer noch – und das ist nur die Grundlage – eine wirkliche Ausrichtung auf die Soziale Arbeit als Profession. So geht es nicht um Grundlagen der Psychologie, Soziologie, whatever. Nein, es geht um Psychologie, die sich auf die Soziale Arbeit bezieht. Es geht um Soziologie, die sich auf die Soziale Arbeit bezieht und so weiter.

Damit ist auch die Modularisierung, die ebenfalls als eine enorme Chance in der Gestaltung der Ausbildung der Sozialen Arbeit gewertet werden muss, bislang nicht so umgesetzt, wie sie umgesetzt werden könnte. Es herrschen immer noch Module wie „Grundlagen der Psychologie“ (mehr Beispiele muss ich nicht nennen, oder?) vor, in denen es, genau, um Grundlagen in Psychologie geht. Unausgesprochener Hintergrund dabei ist, dass der Psychologie-Prof der Hochschule eine entsprechende Beschäftigung benötigt. Und zwar so, wie er es eben schon immer gewohnt war.

Ein bspw. problemorientiertes Lehren und Lernen existiert maximal in Ansätzen. Die Rolle des Lehrenden als Coach, Begleiter, wie auch immer, für die professionelle Entwicklung der Studierenden ist neu, anders, anstrengend. Aber sicher lohnenswert.

Und mit Blick auf die Veränderung der Arbeitswelt stellt sich ganz grundsätzlich die Frage, welche Rolle die Absolventen der Studiengänge in Zukunft überhaupt noch einnehmen werden?

Welche der bisherigen Tätigkeiten werden sich grundlegend verändern? Welche der bisherigen Tätigkeiten lassen sich durch Computer ersetzen?

Anträge bearbeiten in den Arbeitsagenturen? Das Raussuchen von möglichen juristischen Schritten für Problemklientel? Alles durch Computer ersetzbar…

Sabine Depew hat übrigens in einem tollen Beitrag die „Sozialarbeit 4.0“ beschrieben. Dabei steht die Frage im Vordergrund, wie die Soziale Arbeit auf die Digitalisierung, einen die Veränderung der Arbeitswelt bestimmenden Megatrend, reagiert und ob sie das überhaupt soll: „Soziale Arbeit 4.0 bedeutet mit der Zeit zu gehen, damit diejenigen, für die wir bessere Chancen und Zugänge erreichen wollen, nicht abgehängt werden.“

Muss diesbezüglich nicht grundlegend über eine durchdachte, nachhaltige Veränderung der Ausbildung nachgedacht werden? Studierende der Sozialen Arbeit als Netzwerk- und Beziehungsgestalter? Und zwar nicht marginal, wie es aktuell in den Curricula vorkommt? Sondern als (ein beispielhaftes) grundlegendes Ausbildungsziel?

Welche Chancen könnten sich daraus auch für Fragen der Professions- und Disziplinentwicklugn ergeben?

2. Organisationen der Sozialwirtschaft sind nicht auf die Bearbeitung von Komplexität ausgelegt!

Das ist doch seltsam.

Da schreibe ich in vorherigen Beiträgen immer wieder, dass gerade die Menschen in der Sozialwirtschaft den Umgang mit Komplexität gewöhnt sind, andere Disziplinen davon sogar lernen und profitieren können.

Und dann schreibe ich, dass die Organisationen der Sozialwirtschaft gar nicht auf die Bearbeitung von Komplexität ausgelegt sind?

Wie passt das zusammen?

Hier stellt sich die Frage, welche Organisationstypen denn Soziale Arbeit leisten? Zu nennen sind die Kostenträger sowie die Leistungsträger.

Einerseits also die Finanzierer der Angebote – vornehmlich Ämter wie bspw. das Jugendamt – und andererseits die Einrichtungen, die die Arbeit direkt leisten.

Mit Blick auf die Kostenträger ist festzustellen, dass Ämter als vornehmlich Kostenträger nicht darauf ausgelegt sind, mit komplexen Anforderungen umzugehen. Ja, da gibt es „neue Steuerungsmodelle“, man spricht jetzt von Kunden, wo es gar keine geben kann. Und da gibt es auch kosmetische Korrekturen wie die Umbenennung des Arbeitsamtes in die „Agentur für Arbeit“. Aber der wesentliche Zweck bleibt: Die Verwaltung von Vorgängen: Bürokratie! Dazu hat sich Max Weber ausgelassen. Ich kann das nicht besser. Entsprechend spare ich mir weitere Ausführungen.

Nur noch einmal zum Merken:

Verwaltungen sind von ihrer Organisationsform nicht auf den Umgang mit zukünftig immer komplexeren Anforderungen ausgelegt. Was passiert? Bei extremen Situationen reagieren die Organisationen so, wie sie reagieren müssen. Sie können nicht anders. Wenn ein Kind stirbt, wird mehr Geld in das System gesteckt. Hilft das? Nicht wirklich. Die Verwaltung kann nicht mit solchen unvorhergesehenen Vorgängen umgehen. Passt einfach nicht.

Vielleicht sollte man darüber nachdenken, ob die Organisationsform der Jugendämter den sich verändernden Anforderungen überhaupt gerecht wird? Oder ob andere Organisationsformen nicht viel besser geeignet wären? Ein anderes, spannendes Thema…

Wie sieht es denn jetzt bei den Leistungsträgern, also bei den vielen verschiedenartigen Einrichtungen, aus, die sich mit den Klientel direkt beschäftigen?

Auch mit Blick zumindest auf die tradierten Organisationen der Sozialwirtschaft – zu nennen sind vornehmlich konfessionelle Einrichtungen wie bspw. die Caritas oder die Diakonie, aber auch Einrichtungen, die großen Verbänden wie dem Roten Kreuz, den Maltesern etc. angehören – ist mit Blick auf deren Organisationshistorie festzustellen, dass deren Herkunft extrem hierarchische Organisationen sind und waren.

Die Kirche – was gibt es Hierarchischeres?

Natürlich sind die Strukturen, in denen die Einrichtungen eingebunden sind, heutzutage andere. So gibt es bspw. die Caritasverbände, die wirtschaftlich völlig eigenständig, teilweise in Form von Vereinen, teilweise in Form von gGmbH’s, agieren. Aber auch in diesen Organisationen gibt es eine Ausrichtung an der „Mutterorganisation“.

Wie sonst sind Entlassungen von guten, wirklich professionellen Mitarbeitenden aufgrund von nicht im geringsten mit deren beruflicher Leistung zusammenhängenden Gründen zu verstehen? Wenn es einzig auf die Professionalität ankäme, wären solche Vorgänge absurd!

Und was hat das Ganze mit der Frage nach der Veränderung der Arbeitswelt zu tun?

Wie oben dargelegt, sind wesentliche Herausforderungen die Fragen danach, wie die Organisationen in immer komplexeren Situationen agieren und gleichzeitig eine Sinnhaftigkeit der Arbeit und damit die Attraktivität für die bereits involvierten aber auch für zukünftige Fachkräfte gewährleisten können.

Wenn Organisationen versuchen, mit den Methoden von gestern die Herausforderungen von morgen zu lösen, kann das eigentlich nur schiefgehen.

Vielmehr sind neue Formen von Organisationen – auch in der Sozialwirtschaft – gefragt, die in einer neuen Art und Weise versuchen, mit den zukünftigen Herausforderungen umzugehen. Und die Digitalisierung ist dabei nur eine Seite.

3. Die Finanzierung sozialer Arbeit ist nicht auf Innovation angelegt

Scheitern gilt nicht.

Denn dann wäre die von aussen, von den Kostenträgern, kommende, exakt auf das jeweilige Projekt, die jeweilige Organisation passende Finanzierung weg. Der Verursacher des „Versagens“ müsste sich – je nach Höhe der geflossenen Gelder – in nicht geringem Umfang rechtfertigen. Die Organisation würde wahrscheinlich in den kommenden Jahren von der Finanzierung ausgeschlossen.

Sehr schön wird das Dilemma in einem Artikel im Blog der Benckiser Stiftung Zukunft dargelegt:

„So verhindert die Förderlogik des sozialen Sektors konsequent die Entwicklung von Innovationen. Denn Innovationen müssen scheitern dürfen, um gelingen zu können. Das Scheitern eines bewilligten Projektes zöge jedoch unweigerlich den finanziellen Tod des Sozialunternehmers nach sich, da gegen die hier generierten Verluste keine “Gewinne” aus erfolgreichen Projekten verrechnet werden können. Warum nicht? Eben weil es keine Gewinne geben darf. Gemeinnützigkeit und öffentliche Förderlogik bilden so eine nahezu uneinnehmbare Festung, die den Status Quo schützt. Innovationen müssen leider draußen bleiben“.

Ganz zustimmen kann ich dem zwar nicht – so können natürlich Gewinne erwirtschaftet werden. Problematisch ist jedoch die Höhe der Gewinne und die Verwendung dieser. So bleibt das Dilemma bestehen:

Nur wenn es sich die Organisation leisten kann, neue Wege zu gehen, wird sie dieses tun. Und wenn keine Rücklagen in ausreichender Höhe vorhanden sind, wird von den neuen Wegen natürlich abgesehen.

Was passiert?

Nix! Genau!

Es wird versucht, so weiterzuwursteln, wie bislang.

Und die Veränderung der Arbeitswelt?

Die verlangt nach neuen Wegen, nach Ausprobieren, nach Innovation. Wenn die Organisationen der Sozialwirtschaft da nicht mitgehen können, werden sie den Anschluss verlieren. Viel wichtiger ist aber, dass sie die sich ebenfalls ändernden Ansprüche ihrer Klientel nicht mehr bedienen können und somit ihrem eigentlichen Zweck nicht mehr gerecht werden.

Nur noch Einnahmen generieren, damit das System bestehen bleibt? Das kann es doch nicht sein…

4. Der Fachkräftemangel existiert real

Die demographische Entwicklung schreitet voran. Dabei ist aktuell noch unklar, wie und wo der so viel beschworene Fachkräftemangel zuschlägt.

Fakt ist aber, dass sich Soziale Arbeit vornehmlich nicht in den hippen Trendvierteln der Großstädte bewegt.

Dort, wo die Menschen hinziehen wollen, dort, wo die Mieten hoch sind, dort, wo Latte trinken Standard ist. Nein, Soziale Arbeit agiert dort, wo eben andere nicht hinwollen. Sie findet statt in den Problemvierteln der Städte aber auch in Regionen, aus denen die Menschen einfach nur noch weg wollen.

Und wie bitte wollen die Organisationen der Sozialwirtschaft für gut ausgebildete, motivierte und engagierte Menschen attraktiv bleiben? Einzig über ein vielleicht durch Streiks eingefordertes, etwas höheres – im Vergleich zu anderen Berufen aber immer noch niedriges – Gehalt wird das nicht gehen.

Wenn es den Organisationen nicht gelingt, ihre Attraktivität auch auf anderen Ebenen herauszustellen, dann wird der Fachkräftemangel hart zuschlagen. Und wer leidet darunter? Das Klientel, um das sich die Soziale Arbeit eigentlich kümmern wollte.

Attraktivität auf anderen Ebenen?

Mir fällt ein schönes Beispiel ein: So hat der Caritasverband Olpe zum wiederholten Male den Preis als „bester Arbeitgeber im Sozialbereich“ gewonnen. Ja, man kann einwenden, dass das ja nur ein lustiges Siegel ist, das mit der Realität im Alltag wenig zu tun hat. Kann sein.

Viel wichtiger ist aber, dass damit ein Zeichen gesetzt wird. Ein Zeichen, dass die Organisation das Thema der Attraktivität überhaupt auf ihre Fahnen geschrieben hat.

Alleine dadurch kann schon Veränderung möglich sein, die in die richtige Richtung führt.

5. Die Ökonomisierung Sozialer Arbeit wird nicht abnehmen, wenn wir nichts dagegen tun

Der Streik der Erzieher und Sozialarbeiter dauert nun schon geraume Zeit. Und was bewegt sich? Nichts!

Jedenfalls kaum etwas. Es wird verhandelt und noch mal verhandelt. Schlichtung steht im Raum. Alles prima. Aber glaubt jemand ernsthaft, dass – selbst wenn es ein wenig mehr Geld gibt (eine höhere Einstufung wird es nicht geben, davon bin ich überzeugt) – sich etwas Fundamentales verändert?

Das auf einmal die Politik aufwacht und Millionen in die Sozialwirtschaft pumpt?

Die Soziale Arbeit ist (oft) an Stellen tätig, die es in einem funktionierenden Sozialstaat nicht geben dürfte: Drogen, Prostitution, Gewalt, minderjährige Flüchtlinge, Schulden, Kindesmisshandlung etc. Wieder etwas provokant:

Wenn die Politik eingestehen würde, dass hier mehr Geld fließen muss, gesteht sie doch ein, dass das System versagt hat. Das wird niemand tun.

Wenn das System also bleibt wie es ist, werden immer viele Organisationen um einen nicht größer werdenden Kuchen streiten. Sie werden versuchen, über Einsparungen, Quantität etc. irgendwelche Projekte zu forcieren, die finanziert werden.

Sie werden aber nicht auf ihre eigentliche Daseinsberechtigung hören. Die Organisationen sind Konkurrenz zueinander anstatt – gemeinsam – soziale Probleme zu lösen.

Hier bedarf es nicht dem Kampf um eine zusätzliche Finanzierung. Viel wichtiger erscheint mir der Kampf um eine richtige Finanzierung.

Erst wenn es die Soziale Arbeit flächendeckend schafft, den Mehrwert für die Gesellschaft positiv darzustellen (was nicht einfach ist), wird es möglich, die Attraktivität des Bereiches so zu gestalten, dass er positiv wahrgenommen wird.

Das passiert übrigens nicht durch Streiks, sondern durch gute, attraktive Arbeit, die von guten, attraktiven Organisationen angeboten wird.

Meine Hoffnung ist, dass die Sozialwirtschaft die Chancen, die gerade für die Organisationen der Sozialwirtschaft in der Veränderung liegen, für deren Weiterentwicklung umfassend nutzt.

Oder wie seht Ihr die aktuellen Veränderungen? Eher positiv? Oder doch eher pessimistisch?

Freue mich auf Eure Rückmeldungen…

 

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15 comments on “Die Risiken des Wandels der Arbeitswelt für Organisationen der Sozialwirtschaft

  1. Philip Scherenberg am

    Lieber Herr Epe,
    vielen Dank für’s Zitat und die Verlinkung. Gerne würde ich 2 Fragen mit Ihnen vertiefen:
    – wie kann man Gewinne aus öffentlich geförderten Projekten erwirtschaften? Ein Beispiel würde es mir leichter machen, das zu verstehen.
    – wären diese Gewinne, die nicht ausgeschüttet werden dürfen, sondern direkt in die Rücklagen gelegt werden müssen, tatsächlich Gewinne? Was würden die Investoren dazu sagen?
    Herzlichen Gruss

    Antworten
  2. Matze am

    Gerade der Wertewandel in der Generation Y (bin selber ein Mitglied), ermöglicht große Chancen für neue soziale Konzepte. Insbesondere dadurch, dass nicht mehr der reine Verdienst im Vordergrund steht, sondern oftmals auch ein Sinn in der täglichen Arbeit gesucht wird. Ein weiterer Vorteil ist, dass meine Generation schon sehr viele Eindrücke durch Weiterbildungen, Nebenjobs, Reisen. etc sammeln konnte und diese auch weiter in den sozialen Bereich einbringen muss.

    Auf der anderen Seite muss natürlich auch in den „alten“ Strukturen eine Offenheit für neue Ideen vorhanden sein, so dass diese überhaupt ein Gehör finden können. Gerade interessant ist dieser Aspekt, wenn mehrere Generationen zusammenarbeiten. Wie oft habe ich Mitarbeiter schon kennengelernt, welche neue Vorschläge nicht zuließen mit dem Argument: „Das haben wir schon immer so gemacht.“ Daher muss auch hier ein Umdenken erfolgen.

    Grundsätzlich bietet der Wandel aber eine große Menge an Potentialen für alle Beteiligten.

    http://www.dersozialeunternehmer.de

    Antworten
    • Hendrik Epe am

      Hey Matze,

      Danke für dein ausführliches Feedback! Und: ich stimme dir vollkommen zu, dass der Wandel mehr Vor- als Nachteile haben kann. Dafür muss jedoch was getan werden. Hoffentlich gelingt es…

      LG

      Hendrik

      Antworten
    • Sabine Depew am

      Hallo Matze, Dein Kommentar gefällt mir. Da Du bei der Denkfabrik gefällt mir gedrückt hast hast Du vielleicht Lust mitzudenken. Es gibt die Überlegung auf Facebook eine Gruppe „Denkfabrik“ einzurichten.

      Antworten
  3. TMampel am

    Hat dies auf mampel´s welt rebloggt und kommentierte:
    Hendrik Epe über die Risiken (und Chancen) des Wandels der Arbeitswelt für Organisationen der Sozialwirtschaft. Unbedingt lesenwert.

    Antworten
  4. Sabine Depew am

    Es scheint an der Zeit, eine neue Denkfabrik zu gründen. Eine Art Club of Rome für den sozialen Bereich. In Form von BarCamps, z.B. (Virtuell und Real) Keine schwerfälligen Gremien.Ziel wäre Inspiration von Politik und Trägern.

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